Gelsenkirchen. Kinderarmut in Gelsenkirchen: Ende 2012 lebten hier 12 021 Kinder in Bedarfsgemeinschaften, die Hartz IV oder Sozialgeld beziehen. Für jedes zweite Kind in Gelsenkirchen müssen seine Eltern keinen Kita-Beitrag zahlen. Die Gelsenkirchener Tafel hat 4500 bis 5000 Kunden, ein Drittel davon sind Kinder.

„Wir können uns noch so anstrengen, den Arbeitsmarkt können wir nicht verbessern“, fasst Alfons Wissmann, Leiter des Referates Erziehung und Bildung im Rathaus, das Grundübel zusammen. Die Eltern haben keine Arbeit und leben mit ihren Kindern von Hartz IV oder Sozialgeld. 12 021 Kinder unter 15 Jahren waren Ende 2012 (Zahlen für 2013 liegen noch nicht vor) in Gelsenkirchen davon betroffen, gelten damit als arm.

4913 (oder 35,3%) von ihnen waren unter sechs Jahren alt, 7108 (oder 38,5%) zwischen sechs und 15 Jahren. Armut ist auch ablesbar an den Zahlen der Kinder, für die ihre Eltern in den Kitas keinen Beitrag zahlen müssen: „Das ist in Gelsenkirchen jedes zweite Kind“, erklärt Wissmann. Das heißt, die Familien haben weniger als 17.000 Euro Jahreseinkommen. Erst vor kurzem ist die Bemessungsgrenze von 13.000 auf 17.000 Euro geändert worden, um mehr Kindern den Kita-Besuch zu ermöglichen.

Modellvorhaben des Landes „Kein Kind zurücklassen“

Die Stadt bemühe sich grundsätzlich, kein Kind zurückzulassen, erinnert Wissmann an das Modellvorhaben des Landes. Ein Weg sei auch der möglichst unbürokratische Umgang mit dem Bildungs- und Teilhabepaket (BuT). So werde Nachhilfeunterricht frühzeitig genehmigt, auch um Noten in einzelnen Fächern oder im Mündlichen zu verbessern, muss für Schul- oder Kita-Ausflüge in einem Jahr ist nur ein Antrag gestellt werden.

Das System scheint sich bewährt zu haben. „Wir haben die zweitbeste Ausgabequote“, freut sich Wissmann, dass im Ruhrgebiet nur Mülheim vor Gelsenkirchen liegt bei der Nutzung des BuT. Wenn die Stadt den Arbeitsmarkt auch nicht verändern kann, kann sie doch die Rahmenbedingungen verbessern. Heute gibt es für 35% der unter Dreijährigen einen Platz in der Kita oder bei einer Tagesmutter.

Gelsenkirchener Tafel versorgt wöchentlich 1700 Haushalte

Was Armut heißt, beobachtet auch die Gelsenkirchener Tafel, die jede Woche rund 1700 Haushalte mit Lebensmitteln versorgt. Dahinter stehen 4500 bis 5000 Menschen, etwa ein Drittel davon sind Kinder, erklärt Tafel-Geschäftsführer Hartwig Szymiczek. Seit 15 Jahren gibt es die Tafel, Hartz IV hat die Lage verschärft, in den letzten zwei Jahren weist die Tendenz weiter nach oben.

„Die Zahlen steigen“, beobachtet auch die Geschäftsführerin des Kinderschutzbundes, Silke Kozicki. Rund 100 Familien mit 157 Kindern werden durch ihre Organisation betreut. Es gibt ambulante Hilfen und niederschwellige Angebote für die ganze Familie. Dazu gehören die Beratung in wirtschaftlichen- und Erziehungsfragen, aber auch sozialpädagogische Freizeiten mit der ganzen Familie.