Gelsenkirchen. . Die erste Ausgabe der eigenen Knast-Zeitung ist erschienen. WH-Studierende, Inhaftierte und Bedienstete haben an der Publikation mitgewirkt.

Seit knapp drei Wochen ist sie draußen. Ohne größere Probleme hat sie die Gefängnismauern der JVA an der Aldenhofstraße in Heßler überwunden. Keine Angst, die Rede ist nicht von einer ausgebüxten Schwerverbrecherin, sondern von einer Zeitung. Die DIN-A5-Publikation, an der Inhaftierte, Angestellte und Studierende der Westfälischen Hochschule (WH) mitgewirkt haben, ist 32 Seiten stark und trägt den originellen Namen „Sägeblatt“.

Der Name ist aber nicht etwa dem Klischee vom Knast-Besucher geschuldet, der einem Häftling eine im Kuchen oder Baguette versteckte Säge mitbringt, damit dieser sich durch die Gitterstäbe in die Freiheit sägen kann. Nein, der Titel der Zeitung war die Idee eines Inhaftierten und bezieht sich auf den Grundriss der JVA. Der erinnert nämlich an ein halbes Sägeblatt. Auch das Logo der Publikation ist entsprechend gestaltet worden.

Der stellvertretende JVA-Leiter Ralf Bothge war Redaktionsbetreuer. „Die Resonanz ist gut“, sagt er, „Wir haben aus Gefangenenkreisen mehr Rückmeldungen bekommen als erwartet.“ Auch haben Gefangene unaufgefordert Artikel für die nächsten Ausgaben eingesandt. Ein Hauptthema des nächsten Sägeblatts, das zeichne sich ab, werde Gewalt im Knast sein. Auch soll der Umfang vergrößert werden.

Interview mit Willi Landgraf

Zunächst ist ein Quartals-Rhythmus geplant, der dann auf ein zweimonatliches Erscheinen verkürzt werden soll. „Ab der zweiten Jahreshälfte 2014 erscheint das Sägeblatt idealerweise monatlich“, so Bothge, „Aber wir wollen keine Erwartungshaltung erzeugen.“

In der Rubrik „Moment Mal!“ wird der Entstehungsprozess der Zeitung beschrieben. Ein Höhepunkt im Sägeblatt ist sicherlich das Interview mit Willi Landgraf, Nachwuchstrainer bei Schalke 04. Die GMV (Gefangenenmitverantwortung), Bindeglied zwischen Inhaftierten und Anstaltsleitung, wird ebenso wie die Lotse-Gruppe im Frauenhaus vorgestellt. Auch andere Angebote innerhalb der Gefängnismauern werden präsentiert. Außerdem: Rezepte, Rätsel, Buchvorstellungen, Gedichte.

Die Idee von einer Zeitung habe es an der Aldenhofstraße schon länger gegeben. Bothge: „Anfang des Jahres kam das Thema dann wieder auf und ich habe mit der Westfälischen Hochschule Kontakt aufgenommen.“ Anlässlich eines Projekts fanden sich fünf Studierende, die mit Inhaftierten und JVA-Bediensteten eine Zeitung auf die Beine stellen wollten. Mit Erfolg, denn mit ihrem Produkt setzten die Studierenden sich gegen 29 andere Gruppen durch und belegten den ersten Platz, so der Anstalts-Vize.

Studierende helfen bei Bedarf weiter

Das Sägeblatt hat eine Auflage von 1200 Stück. Davon verbleiben 900 Exemplare in der JVA Gelsenkirchen – für 600 Inhaftierte und 300 Bedienstete. „Wir haben kein Netzwerk, um die Zeitung an breiter Front zu verteilen“, sagt JVA-Vize Ralf Bothge. Das kann sich ja noch ändern. Zumindest sei aber auch vorgesehen, das Sägeblatt als PDF auf der Knast-Homepage zu hinterlegen.

Die Redakteure: Die Inhaftierten Salem und Justyna, die Bediensteten Ralf Bothge, Tanja Biemüller, Frank Düsdieker, Gudrun Stachorra und Petra Dohrmann und die WH-Studierenden Nicole Helmboldt, Anne Weiser, Robert Bobbe, Max Niklas Gille und David Kayser.

Die JVA-Redakteure sind jetzt auf sich gestellt. Bei Bedarf wollen die Studierenden aber helfen.