Gelsenkirchen. . Sarah Lohse arbeitet seit knapp zwei Jahren als Aufseherin in der JVA Gelsenkirchen. Sie plant eine Ausbildung zur Justizvollzugsbeamtin, weiß sich auch gegen Übergriffe von Männern zu wehren. Als sie ihren Kollegen von ihren Plänen erzählte, meinten die “Das passt zu dir!“

Blond, hübsch, schlank, mit einem Piercing an der Lippe – eine Justizvollzugsbeamtin stellt man sich im Allgemeinen irgendwie anders vor. Schließlich schwirren immer Bilder aus der RTL-Serie „Hinter Gittern“ im Kopf herum. Darüber kann Sarah Lohse nur lachen. Sie arbeitet seit knapp zwei Jahren als Aufseherin im Frauentrakt der Justizvollzugsanstalt (JVA) Gelsenkirchen. Trotz des mulmigen Gefühls, das sie immer bei ihrer Arbeit beschleicht, war sie nie glücklicher im Job.

Gefallen am Nervenkitzel

Ob Mörder, Drogendealer oder Diebe, für Sarah Lohse macht das kaum einen Unterschied. Jeden Tag hat sie mit solchen Leuten zu tun, um die viele andere Menschen einen großen Bogen machen würden. Diesen Nervenkitzel liebt die 24-Jährige an ihrem Job. „Ich weiß nicht, was mich erwartet, wenn ich morgens um 6 Uhr anfange. Das macht es einfach aufregend.“

Natürlich hat sie einen definierten Tagesablauf. Essen austeilen, Zellen auf- und zuschließen, an die vorgegebenen Zeiten halten. Doch zwischendurch nimmt sie sich Zeit für einen Plausch mit den „Knackis“, wie sie sie nennt. Sie scherzt mit ihnen, quatscht über Probleme oder einfach nur über Gott und die Welt. Da denke sie nicht darüber nach, dass sie gerade mit einer Mörderin spricht, so Lohse.

Das sei zu Beginn anders gewesen. „Damals habe ich schon anders reagiert, wenn ich wusste, dass die Frau, die gerade vor mir stand, jemanden ermordet hat. Vor allem habe ich mich oft gefragt: Was, diese nette Frau soll jemanden getötet haben?“, erzählt die 24-Jährige. Diese Gedanken habe sie heute nicht mehr.

Pfiffe und anzügliche Sprüche

Im nächsten Jahr möchte Sarah Lohse ihre Ausbildung zur Justizvollzugsbeamtin beginnen. Dann würde sie zwischenzeitlich auch im Männertrakt arbeiten. Dass die Arbeit dort anders wird, weiß die junge Frau. Schon jetzt, wenn sie die männlichen Inhaftierten auf dem Hof trifft, muss sie sich Pfiffe und anzügliche Sprüche gefallen lassen. Oder besser gesagt: „Ich habe keine Lust, jedes Mal nach dem Gefangenen Ausschau zu halten, der mir hinterher gerufen hat“, so Lohse. Allerdings würde sich das ändern, sobald sie im Männerhaus arbeitet. „Wenn derjenige vor mir steht und mich anmacht, dann werde ich den passenden Spruch zurück sagen. Ich weiß mich da durchzusetzen.“

Vor ihrem Job im Knast war Sarah Lohse übrigens Bürokauffrau. Aber das sei ihr einfach zu langweilig gewesen. Mehr Action habe sie gewollt. Als sie ihren Freunden von dem Berufswechsel erzählte, kam nur ein Satz als Antwort: „Das passt zu dir!“ Von Langweile kann in ihrem Job auf jeden Fall nicht die Rede sein.

Auch interessant