Gelsenkirchen. Die Mischung macht’s: Siedlungshäuser, Wohnblocks und Stadtvillen prägen Bulmke. Dazu kommen der weitläufige Park, viele Bäume und die City-Nähe.

Ausladende Vorgärten, weitläufige Grundstücke, alter Baumbestand: Hier, an der Bulmker Straße, ist Bulmke gediegen, fühlt man sich weit weg vom lärmigen Großstadt-Verkehr der Florastraße. Platanen spenden Schatten, das Licht streichelt durch die gefächerten Blätter. Besonders am frühen Morgen liebt Antonia Roth diese Vorort-Atmosphäre. Als Kind ist sie in der Gegend aufgewachsen – als der Tossehof noch Abenteuerspielplatz war, als die letzten Felder zugebaut wurden, als sich die Kinder noch in den Köttelbecken nasse Füße holten und unter den Parkbrücken drängten, um arglose Passanten zu erschrecken. „Auf Schritt und Tritt“, sagt sie, „ist hier Vergangenheit“. In Schalke hat Antonia Roth zuletzt gelebt. Zu laut, zu eng, zu unattraktiv fand sie es dort. Nun wohnt sie an der Hohenstaufenallee.

Zwischen Radhaus und Hüller Hof

Mit ihren Hunden hat sie früh um 5 Uhr die erste Runde gedreht. Ihr Ziel ist dann der Bulmker Park. Mit der WAZ ist sie ein paar Stündchen später in ihrem Viertel unterwegs. An der Leine dabei: Cleo, ein Galgo Espaniol, ein spanischer Windhund. Roth, die aktive Tierschützerin, hat das Tier aus Spanien geholt und vor dem frühen Tod als ausgemusterter Jagdhund bewahrt.

1902  wurde der Bulmker Park als Naherholungsfläche angelegt. 0,7 Hektar groß ist der Teich im Grünen.
1902 wurde der Bulmker Park als Naherholungsfläche angelegt. 0,7 Hektar groß ist der Teich im Grünen. © WAZ FotoPool

„Grün und ruhig“ ist es in Roths Quartier. „Und dennoch ist man auch schnell in der Stadt.“ Vorzüge, die sie schätzt. Wie auch die „bunt gemischte Bevölkerung“, diese Melange aus Siedlungswohnen, 1950er-Jahre-Blöcken und Großbürgerlichkeit. Oder eben auch die kleinen Entdeckungen, die das Viertel möglich macht. An der Wanner Straße hat „Eckstein“ sein Tattoo-Studio. „Das ist ein echter Künstler“, sagt Roth, seine Kundin. Weiter geht’s: Der Schalker Verein war einst Jobmaschine für das Viertel. „Drei von vier Onkeln haben da gearbeitet.“ Heute ist der Bereich Großbaustelle. Hier wird an der Bulmker Zukunft gewerkelt. Die alte Werkseinfahrt ist stehen geblieben. Dort, beim Pförtner, könnte man sich den Schlüssel für den alten Friedhof gegenüber holen. So steht es zumindest auf einem Schildchen am verwitterten Tor. Jüdische Grabstätten liegen hinter hohem Grün. Wer mehr sehen will, muss den Hals recken. Davidsterne in Stein, einzelne Namen und hebräische Schriftzeichen sind zu sehen.

Eine andere Entdeckung. Das kleine Radhaus an der Bulmker Straße. „Vergangene Woche“, sagt Roth, „habe ich hier noch mein Fahrrad reparieren lassen. So einen Laden finde ich richtig gut.“ Längst Geschichte sind die wilden Zeiten des „Hüller Hofs“. Früher war das eine etwas berüchtigte Kneipe“, sagt die Leserbeirätin. Vorbei. Überhaupt tut sie sich mit der Infrastruktur schwer. Die Nahversorgung ist bescheiden. Der Kaufpark hält die Stellung, Aldi ist vor Jahren abgebrannt. Am Schalker Verein wird derzeit dafür Ersatz hochgezogen.

Spenderboxen für „kostenlose Kacktüten“

Einen knappen Kilometer weiter: Der Bulmker Park zeigt sich von seiner besten Seite. Die Rasenflächen sind gemäht, in den Rosenrabatten macht sich zwar sichtbar das Unkraut breit, doch noch sind die Beete nicht von der Sommerhitze und der Grün-Konkurrenz hingerichtet. Buchen und Zedern, Kastanien und Akazien stehen mit Eibe und Ilex Seite an Seite. Der Bestand ist alt. „Ich hoffe, es wird rechtzeitig nachgepflanzt, um langfristig dieses Park-Bild zu erhalten“, sagt Leserbeirätin Antonia Roth.

Siedlungshäuser wie an der Damaschkestraße prägen einige Viertel in Bulmke.
Siedlungshäuser wie an der Damaschkestraße prägen einige Viertel in Bulmke. © WAZ FotoPool

Säuleneichen führen zu der Bank-Anlage an der Kleingartenanlage – vormittags ist sie ein „Rentner-Rondell“ und willkommener Rastplatz. Nur wenige Menschen sind im Park unterwegs. Konfliktpotenzial, gar Angsträume? Kaum. Ab und an besetzten Zecher ein paar Bänke, dann wird es in der Ecke am Ravenbusch schon mal lauter. Aber die Auswirkungen hielten sich in Grenzen, meint sie.

Wenn Antonia Roth ihre Hunde ausführt, ärgert sie sich höchstens mal über andere Hundehalter, die ihren Tieren freien Lauf lassen – oder deren Hinterlassenschaften nicht beseitigen. Mehr soziale Kontrolle und Einsichtigkeit wünscht sie sich – und Spenderboxen für „kostenlose Kacktüten“ fände sie sinnvoll. Plus ausreichend Abfalleimer, um gefüllte Beutel zu entsorgen.

Um ihre Hunde frei laufen lassen zu können, haben die Roths neuerdings einen Schrebergarten gepachtet. Natürlich in ihrem Viertel. Fußläufig erreichbar.