Gelsenkirchen. .

Wenn Sultan Artkan um drei Uhr morgens aus den Federn fällt, drehen sich die meisten Berufstätigen noch viermal um, bevor der Wecker klingelt. Der 22-Jährigen macht das frühe Aufstehen nichts aus. Im Gegenteil: Es gehört zu ihrem Traumberuf – Bäckerei-Fachverkäuferin. Zusammen mit 42 anderen Absolventen bekam sie nun von der Bäcker-Innung in der Kreishandwerkerschaft ihr Zeugnis für die erfolgreich abgeschlossene Ausbildung überreicht.

Um das Image des Bäckerberufes ist es nicht gut bestellt, weiß Obermeister Christian Zipper, der selbst zwei Filialen in der Stadt betreibt. „In Gelsenkirchen gibt es im anlaufenden Ausbildungsjahr ganz klar eine Unterversorgung.“ Schlossen in den vergangenen Jahren meist zwischen acht bis zehn Bäcker ihre Lehre ab, sind es in diesem Jahr nur drei Absolventen. Woran liegt’s? „Vor allem die Arbeitszeiten sprechen Jugendliche nicht an.“ Daher geht der Zentralverband des Bäckerhandwerks mit Imagekampagnen gegen den schlechten Ruf an. „Da hat sich schon eine Menge getan“, weiß Zipper.

Bewerbungen noch bis zum 1. August möglich

Wichtig sei es auch, den Jugendlichen Perspektiven zu vermitteln. „Es gibt gute Übernahmechancen und zahlreiche Weiterbildungsmöglichkeiten, eine Bäckerausbildung ist dafür eine solide Basis.“ In den 14 Gelsenkirchener Innungs-Betrieben wirbt jeder auf seine Art um Lehrlinge. Wie viel Aufwand betrieben wird, hänge vom Ausbildungsbedarf der einzelnen Betriebe ab. Was aber alle gemein haben, sind zu wenige Bewerbungen. Zipper appelliert daher: „Bis zum 1. August können sich Interessierte noch bewerben.“ Info erteilt die Kreishandwerkerschaft Emscher-Lippe-West: 970810.

Sultan würde ihren Job sofort weiter empfehlen: „Man muss zwar manchmal früh aufstehen, hat aber dafür auch früher Feierabend.“ Die freie Zeit ab 13 Uhr nutzt die 22-Jährige dann zum Fußballspielen oder um sich mit Freunden zu treffen. Zwar müsse man auch samstags arbeiten, habe dafür aber weniger Stunden in der Woche, meint Sultan. Und lacht: „Außerdem hat man immer frisches Brot zu Hause.“

Benjamin Neumann (23) ist selbst über eine Empfehlung auf den Geschmack gekommen. Nach dem Realschulabschluss war er zunächst etwas orientierungslos. „Ein Freund, der Bäcker ist, riet mir, mich zu bewerben.“ Ein Praktikum räumte letzte Zweifel aus – im Wechsel Tag- und Nachtschichten zu schieben ist gar nicht so anstrengend wie der schlechte Ruf es vermuten lässt. Nun ist Benjamin auch ein Stück weit stolz, ein Traditions-Handwerk erlernt zu haben. Und hat schon Pläne für die Zukunft: „Den Meister machen – das kommt als nächstes.“