Gelsenkirchen. Vier Bienenvölker haben auf dem Dach des Wissenschaftsparks Einzug gehalten. Dort pflegen sie ihre Brut und dienen gleichzeitig als Startsymbol: NRW.ProjektArbeit will landesweit bis 2020 sechzig bis achtzig Imkerbetriebe etablieren und so nachhaltig Jobs schaffen.
Die Bienen haben ihre Arbeit aufgenommen, summen heran, fliegen in ihre Schlupflöcher, laden im Stock ihre Fracht ab. Nagelneu sind die so genannten Beuten. Das Holz blinkt noch hell, die Zinkabdeckungen auf den Kästen ebenso. Jung sind auch die vier Bienenvölker, die Montag auf dem riesigen Flachdach des Wissenschaftsparks ihre Sammeltätigkeit aufgenommen haben und die ersten Waben für die Brut füllen. Sie erleben ihren ersten Sommer. Und „jung“ sind die (Hobby)-Imker. Helmut Gorny (52) und Daniela Mennella (36) haben gerade erst ihre Grundseminare hinter sich. Die Völker haben sie von einem Erwerbsimker aus Aachen geholt – sie dienen der Honigernte 2014 und einem höheren Zweck.
Gorny, der gelernte Garten- und Landschaftsbauer und Mennella, die Projektassistentin, arbeiten für NRW.Projektarbeit. Die 100-prozentige Landesgesellschaft hat ihren Sitz im Wissenschaftspark an der Munscheidstraße. Ihr hehres Ziel: Unternehmerische Projekte entwickeln, Jobs schaffen. Nachhaltig sollen sie sein und möglichst Menschen Zukunftsperspektiven bieten, die aktuell ohne Arbeit sind. Die Bienenstöcke dienen dabei als Anschub und Anschauungsobjekte.
Wenig ausgebildete Profi-Imker
„Wir haben relativ wenig ausgebildete Profi-Imker im Land“, sagt Christoph Schilde von NRW ProjektArbeit. Das soll sich bis 2020 ändern. „Perspektivisch“, glaubt der Geschäftsführer, „können wir bis dahin 60 bis 80 Imkerbetriebe etablieren“, insgesamt sieht er Chancen für bis zu 400 Stellen, wenn es gelingt, Produkte und Dienstleistung für den Markt zu entwickeln.
Kein Projekt-Aufschlag ohne die übliche Netzwerkarbeit. Und so wird auch hier wieder bienenfleißig kooperiert: Handwerkskammer und Umweltministerium, Bieneninstitut Celle und Uni Bonn sind eingebunden. Nicht minder wichtig: Geld. „Wir versuchen, über Fördermittel den Anschub zu vereinfachen“, sagt Schilde. Und: „Die Reaktionen auf das Projekt sind landesweit außerordentlich positiv. Bienen sind ein wichtiges Thema.“
Standortsuche mit dem RVR
Mit vier Völkern kommt man im Profi-Bereich nicht weit. Und so steht NRW ProjektArbeit mit dem Regionalverband Ruhr und der Emschergenossenschaft in Kontakt, um Standorte festzulegen, an denen dann mehrere hundert Bienen-Stöcke aufgestellt werden könnten. Bis 2014, so das selbst gesteckte Ziel, „wollen wir drei große Standorte aufbauen“, erklärt Schilde.
Vernetzt sollen später auch die Imker arbeiten. Allein schon, um sich bei der Vermarktung und Produktion wirtschaftlicher aufzustellen. „Eine professionelle Schleuderstraße“, nennt Schilde ein Beispiel, „kostet 25.000 Euro“, das rechne sich für einen allein nicht.
Im Umgang mit den Bienen völkern auf dem Wipa-Dach legen Helmut Gorny und Daniela Mennella schon eine erstaunliche Professionalität an den Tag. Gelassenheit schützt letztlich auch vor Bienenstichen... „Wenn wir das Projekt machen, wollte ich auch selber wissen, wie das geht mit der Imkerei“, sagt die Projektassistentin.
„So finden unsere Mädels mehr zu fressen“
Mit besten Aussichten ist die Arbeit buchstäblich verbunden. Vom Dach des Wissenschaftsparks schwärmen sie aus zu Linden, Buchen, Kastanien und Weiden, Schneeball und Weißdorn. „Für die Bestäubung von Wild- und Nutzpflanzen sind Bienen ein wesentlicher wirtschaftlicher Faktor“, sagt Gorny. Monokulturen und zunehmend intensiv betriebene Agrarwirtschaft setzen den Völkern gleichzeitig zu. Die Honigbiene tut sich zunehmend schwer.
Gleiches gilt für Wildbienenarten Knapp 600 gibt es in Deutschland, fast 150 sind laut Gorny vom Aussterben bedroht und stehen auf der Roten Liste. In der Stadt bieten sich auf Brachen oft Entwicklungsflächen. Aber auch Parkwiesen können Bienenweiden sein. Gelsendienste kommt dem Projekt entgegen. In einigen Bereichen werden die Mäh-Intervalle ausgedehnt. Aktuell steht der Klee hoch. Gorny findet, „das sieht hübsch aus. Und unsere Mädels finden mehr zu fressen.“