Gelsenkirchen.

Immer mehr drängt es in die Mitte der Gesellschaft. Der Wunsch nach Eigenständigkeit dominiert. Immer mehr Menschen mit Behinderungen wollen eigenständig am gesellschaftlichen Leben teilhaben.

Dies ist im Kern das Ergebnis der gestrigen Jahresbilanz des Sozialwerks St. Georg. Im letzten Jahr wurde das Konzept der Teilhabebegleitung eingeführt. Das heißt nichts anderes, als Menschen mit Behinderung in ihren eigenen vier Wänden sich frei entfalten zu lassen und nur da, wo sie es wollen, Unterstützung zu leisten.

Durch das Betreute Wohnen unterstützt

Über 4000 Menschen werden von den rund 2500 Mitarbeitern des Sozialwerks mit Hauptsitz in der Emscherstraße in ihren Wünschen, am Gemeinschaftsleben teilzunehmen, durch das Betreute Wohnen unterstützt. Die Zahl derer, die eine ambulante Unterstützung wollen, so Vorstand Wolfgang Meyer, sei um gut 14 Prozent gestiegen. Der Wunsch nach stationärer Betreuung dagegen nur um knapp ein Prozent. Bezeichnende Zahlen.

Immer mehr Menschen mit Handicap wollen nicht mehr abgeschottet vom gesellschaftlichen Leben ihr Dasein fristen, sondern mitten drin sein. „Diese Entwicklung nimmt an Tempo zu“, sagt Vorstandsmitglied Gitta Bernshausen. Das neue, darauf abgestimmte Dienstleistungskonzept des Sozialunternehmens zeige bereits Früchte. Behinderte könnten gezielt sagen, wo sie unterstützt und wo ihnen assistiert werden müsse. Die Aussagen sind nicht in Stein gemeißelt, sondern werden jedes Jahr neu erfragt. Ein Konzept, das immer wieder mit den geltenden Vorschriften in Einklang gebracht werden müsste. „Wir haben zu wenig Individualität in den Vorgaben und Vorschriften“, fasst Vorstandssprecher Dieter Czegolla zusammen. Das führe dazu, dass Hilfen nicht beantragt würden, weil man sie brauche, sondern weil es Geld dafür gäbe. Diese Förderung müsse sich ändern, damit behinderten Menschen individuell der Weg in die Mitte der Gesellschaft geebnet werden kann. „Bis dahin ist es ein weiter Weg.“

Nahversorgung wird gesichert

Dies gilt auch für den Arbeitsmarkt, auf dem Behinderte kaum Chancen haben. Wolfgang Meyer: „Ein Job in der Behindertenwerkstatt ist schnell gefunden. Aber raus kommt man nur schwer.“ Deswegen setze das Sozialwerk auf den zweiten Arbeitsmarkt. Durchaus erfolgreich. So werden „Tante Emma-Läden“ betrieben, um Nahversorgung zu sichern. Haus- und Hausmeisterservice wird angeboten oder Autowaschen samt Polieren. „Dafür gibt es lange Wartezeiten.“ In der Summe seien alles Arbeiten für Menschen mit Handicap, die ihren ihren Planungen nach Eigenständigkeit entgegen kämen.