Gelsenkirchen/Dorsten. . Die Staatsanwaltschaft Essen hat gegen einen Autofahrer aus Dorsten Anklage wegen fahrlässiger Tötung erhoben. Der 70-Jährige soll am 30. Dezember 2012 als Geisterfahrer auf der Autobahn A 52 einen Unfall verursacht haben, bei dem ein Ehepaar aus Münster ums Leben kam. Der Dorstener schweigt zum Anklagevorwurf.
Den ersten Einsatzkräften bietet sich am Abend des 30. Dezember des vergangenen Jahres ein Bild des Schreckens: Frontal ist ein 70-jähriger Dorstener mit seinem Honda Accord in den Ford einer Familie aus Münster gekracht, kurz nachdem der Mann als Geisterfahrer an der Anschlussstelle Gelsenkirchen-Hassel auf die Autobahn A 52 aufgefahren ist. Ein Lehrer-Ehepaar aus Münster, 58 und 59 Jahre alt, stirbt noch an der Unfallstelle. Ihr damals 29-jähriger Sohn wird bei der Kollision schwer verletzt. Auch der 70-jährige Geisterfahrer kommt mit schweren Verletzungen in ein Krankenhaus. Der Dorstener, der zum Unfallhergang bislang den Ermittlern gegenüber geschwiegen hat, muss nun mit einem Prozess rechnen. Die zuständige Essener Staatsanwaltschaft klagt den 70-Jährigen wegen fahrlässiger Tötung, Körperverletzung und Straßenverkehrsgefährdung an.
"Hinreichender Tatverdacht"
Die Staatsanwaltschaft sieht bei dem Geisterfahrer einen "hinreichenden Tatverdacht" gegeben, weil ihm "die Unfallörtlichkeit aufgrund seiner Ortskenntnisse bestens" bekannt gewesen sein. Es war die einzige Aussage, die der 70-Jährige noch im Krankenhaus gegenüber der Polizei zur Sache gemacht hat: "Regelmäßig" fahre er in Hassel auf die A 52 in Richtung Essen auf. "Unaufmerksamkeit" des 70-Jährigen ist für die Staatsanwaltschaft deshalb der Ursprung des Unfalls.
Seinen schlimmen Fehler hätte der Dorstener bereits unmittelbar nach der Auffahrt bemerken und reagieren können. Vor dem schrecklichen Unfall war ihm schon eine andere Autofahrerin entgegenkommen, die allerdings noch ausweichen konnte. Dass es sich bei dem Crash um einen sogenannten erweiterten Suizid handeln könnte, bei dem der Unfallfahrer sich und möglicherweise anderen das Leben nehmen wollte, hatten die Ermittler bereits wenige Tage nach der Kollision ausgeschlossen.
"Einfahrt verboten"-Schild fehlte
Im Prozess wird wohl erneut die Frage der möglicherweise fehlerhaften Beschilderung an der A 52-Auffahrt eine Rolle spielen. Wie sich im Zuge der Ermittlungen herausstellte, fehlte dort auf einer Seite der Fahrbahn ein "Einfahrt verboten"-Schild. Ein Richtungs-Pfeil war zudem nicht in der korrekten Position. Für die Staatsanwaltschaft liegt eine (Mit-)Verantwortung des für die Beschilderung zuständigen Landesbetriebs Straßen.NRW allerdings nicht vor. Der Richtungs-Pfeil hatte sich offenbar erst unmittelbar vor dem Unfall aus ungeklärter Ursache verdreht. Die Staatsanwaltschaft glaubt zudem, dass auch ein zweites "Einfahrt verboten"-Schild die tragische Geisterfahrt nicht verhindert hätte.
Der Prozess am Amtsgericht in Gelsenkirchen-Buer ist noch nicht terminiert. Die Staatsanwaltschaft rechnet damit, dass das Verfahren im August oder im September beginnt.