Gelsenkirchen.. Möglicherweise hat eine fehlerhafte Beschilderung zum Geisterfahrer-Unfall auf der A52 mit zwei Toten beigetragen. Das jedenfalls sagen Polizei und Staatsanwaltschaft. Doch „Straßen NRW“ widerspricht - und der Unfallfahrer selbst hat keine Erklärung für seinen fatalen Irrtum.
Fünf Polizisten ermitteln, Verletzte wurden befragt, Verkehrsschilder abgeschraubt und sichergestellt: Der Grund ist weiter unklar für die Geisterfahrt auf der A52, bei der in der Dunkelheit des frühen Sonntagabends zwei Menschen ums Leben kamen und zwei schwer verletzt wurden. Seit Freitagnachmittag gibt es eine neue Hypothese: Wo der 70-jährige Dorstener die tödliche Richtung einschlug, an der Auf- und Ausfahrt Gelsenkirchen-Hassel, sollen Verkehrsschilder teils gefehlt haben beziehungsweise falsch montiert gewesen sein, sagen Polizei und Staatsanwaltschaft.
So habe das Schild „Einfahrt verboten“ gefehlt, der weiße Balken auf rotem Grund. Und das Schild „Rechts vorbeifahren“, weißer Pfeil auf blauem Grund, war laut Polizei „nicht korrekt angebracht“. „Es zeigte nicht auf zwanzig nach, sondern ungefähr auf halb“, sagt am Freitag auf Nachfrage der Essener Staatsanwalt Marcus Schütz. Dafür und für das fehlende Schild „müssen wir gucken, wo die Verantwortlichkeiten liegen“.
Widersprüchliche Angaben
Ob das zur Geisterfahrt beigetragen habe, sei aber offen, so die Ermittler. Sie und ein Sprecher des zuständigen Landesbetriebs „Straßen NRW“ widersprachen einander: Zum Unfallzeitpunkt sei kein „Einfahrt-verboten-Schild“ dagewesen, so der Staatsanwalt; nein, eines sei da gewesen, so „Straßen NRW“. Sprecher Bernd Löchter hatte „so ad hoc keine Erklärung“.
Vorgesehen seien zwei Einfahrt-verboten-Schilder links und rechts der Abfahrt und ein Schild „Rechts vorbei“ zwischen Abfahrt und Auffahrt. Es gebe aber „begründete Ausnahmefälle“. Die Streckenkontrolle komme „mindestens einmal wöchentlich vorbei, und wenn ein Schild nicht mehr hängt, wird das unmittelbar gemacht“. Nach den tödlichen Geisterfahrten der letzten Monate hatte das NRW-Verkehrsministerium „Straßen NRW“ angewiesen, auffällige Stellen neu zu untersuchen und Verbesserungsvorschläge zu machen.
Der Unfallfahrer von der A52 hat selbst keine plausible Erklärung, warum es zur Geisterfahrt kam. „Aus seiner Anhörung haben sich keine neuen Erkenntnisse ergeben“, sagte Staatsanwalt Schütz. Bei dem Unfall war ein in Münster recht bekanntes Ehepaar getötet worden, er der Leiter eines Gymnasiums und sie die stellvertretende Leiterin eines anderen. Ihr erwachsener Sohn wurde schwer verletzt. Sein Gesundheitszustand sei „mittlerweile stabil“ wie auch der des 70-Jährigen, so die Polizei.
Auffahrten sperren und Hubschrauber einsetzen
Mit Blick auf die Geisterfahrten hat NRW nun als erstes Bundesland eine Regelung in Kraft gesetzt, von der sich das Innenministerium erhofft, effektiver reagieren zu können. Ein Sprecher bestätigte, dass Sperrungen von Autobahnauffahrten oder Zufahrten zu Raststätten sowie der Einsatz von Hubschraubern jetzt zum Handlungskatalog der Polizei gehören. Auch viel befahrene Bundesstraßen seien nicht ausgenommen.
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Bislang durfte die jeweilige Polizei entscheiden, wie sie auf Geisterfahrer reagierte. Vergleichbar mit dem Leitfaden für Amoklagen, solle der neue Automatismus dafür sorgen, dass die Polizei Falschfahrer schneller aus dem Verkehr ziehen kann und andere Autofahrer schützt.
Nach Angaben des Innenministeriums wurde 2012 an Rhein und Ruhr pro Tag im Schnitt ein Geisterfahrer gemeldet. In den meisten Fällen handele es sich jedoch um falschen Alarm. Wenn eine Bundesstraße direkt neben der Autobahn verläuft, entstehe etwa bei manchem Autofahrer der Eindruck, es handele sich um entgegenkommenden Verkehr.
Bei der Polizeigewerkschaft GdP findet die Initiative ein positives Echo. Beim ADAC wird sie ebenfalls begrüßt. Allerdings hält der Club weitere Maßnahmen für unerlässlich. „Wir fordern zum Beispiel Warntafeln nach österreichischem Vorbild“, so Roman Suthold vom ADAC Nordrhein. Das habe dort bereits nachhaltige Wirkung gezeigt. Die Kosten zur Errichtung solcher Schilder werden bundesweit auf 30 Millionen Euro beziffert.