Gelsenkirchen. . Der 22-jährige Student in Gelsenkirchen fürchtete um sein Leben: “Du bist gleich tot“, sagte der Angreifer und stach mit dem Messer auf ihn ein. Nun muss sich der mutmaßliche Täter, ein 32 Jahre alter Mann aus Bottrop, vor dem Essener Landgericht wegen versuchten Mordes verantworten. Dort zeigt er Mitgefühl - aber nur für sich.

„Nimm, nimm, nimm alles“, habe er immer wieder gerufen. Eindrucksvoll schildert der Student als Zeuge vor Gericht die entsetzliche Situation, als am Abend des 10. Januar auf dem Parkplatz der Fachhochschule Gelsenkirchen plötzlich ein Mann mit einem Elektroschocker auf ihn losging und neunmal mit einem Messer auf ihn einstach. „Ich biete ihm alles an? Warum hört er nicht auf? Was will der“, verzweifelte Fragen gingen damals durch den Kopf des 22-Jährigen, als er fürchtete: „Du bist gleich tot.“ Der Student aus Oberhausen wurde lebensgefährlich verletzt, das Messer hatte sich bei den Stichen um 180 Grad verbogen. Am Freitag traf er vor dem Essener Schwurgericht auf den Mann, der sich damals ohne ein einziges Wort zu sagen auf ihn gestürzt hatte. Der 32-jährige Bottroper muss sich unter anderem wegen versuchten Mordes verantworten.

„Ich hab schlecht geschlafen“, beginnt der Angeklagte seine Darstellung. Das erwähnt er noch öfter. Mitgefühl scheint er zumindest für sich zu haben. Er wollte von zu Hause weg an jenem 10. Januar, endgültig „ohne eine Spur zu hinterlassen“, sagt er. Die Eltern sollten ihn nicht finden. Seine Gründe: Der Gerichtsvollzieher wollte fast 4000 Euro Schulden der Krankenkasse bei ihm eintreiben, und den Eltern hatte der gelernte Elektriker vorgegaukelt, er habe einen Studienabschluss in Informatik.

„Er war recht flott auf den Beinen“

Mit dem Fahhrad machte er sich auf den Weg. Es war kalt und er wollte sich ein Auto „aneignen.“ „Das hat den Vorteil. Es hat Heizung und man kann auf der Rückbank schlafen“, erklärt er. Es geht zum Parkplatz. Zuvor hatte er Elektroschocker, Pfefferspray und ein Messer für fast 70 Euro eingekauft. So ausgerüstet traf er auf sein Opfer, dem er eigentlich nur den Autoschlüssel abnehmen wollte. „Irgendwann wurde mir bewusst, was ich getan hatte“, schildert der Angeklagte. Er habe aber nicht den Eindruck gehabt, dass der Student verletzt gewesen sei. „Er war recht flott auf den Beinen“, sagt er.

Zwei Tage später versucht der Bottroper in Marl an ein Auto zu kommen. Eine 42-jährige Zeitungsbotin ist sein Ziel. „Ich musste erst Mut finden. Es war nicht einfach“, erzählt er. Mit Pfefferspray und Elektroschocker traktiert er die Frau. Als sie um Hilfe schreit flüchtet er. Der 32-Jährige wird schon in der Nähe des Tatortes festgenommen. „Ich war ziemlich am Ende“, berichtet er und schildert seine Versuche sich schon auf der Polizeistation das Leben zu nehmen. Unter anderem habe er Gelpflaster gegessen, um sich zu vergiften. Für den Prozess sind drei weitere Tage terminiert.