Gelsenkirchen.

Los ging es im Jahr 1863. Die erste Station am Bahnhofsvorplatz war auch der zeitliche Startpunkt der Jubiläumsaktion der SPD: An sieben Themenständen entlang der Bahnhofstraße konnten die Bürger am Samstag einen Ausflug durch die Geschichte der Arbeiterpartei machen – von der Gründung des Allgemeinen Deutschen Arbeitervereins bis zum Beschluss des Atomausstieges im Jahr 2002.

„Wir möchten an die großen Momente der Partei erinnern, die unser Leben bis heute beeinflussen. Diese Momente möchten wir erleb- und begehbar machen und mit den Bürgern in einen Dialog treten“, erklärte Sebastian Watermeier, der Jubiläumsbeauftragte der Gelsenkirchener Genossen.

Die Verdienste der Vergangenheit sind groß, da ist man sich unter den Bürgern relativ einig. Was jedoch die aktuelle Situation der Partei angeht, sind die Meinungen geteilt. „Das entscheidende Thema für mich, das ist Bildung“, erzählt Siegfried Wagner (58) am Stand des Jahres 1971. Dem Jahr, in dem das Bafög verabschiedet wurde. Es steht exemplarisch für die Bildungsexpansion, die tausenden Arbeiterkindern den sozialen Aufstieg ermöglichte. „Das sind unglaubliche soziale Errungenschaften. Leider machen wir seit Jahrzehnten nur noch Rückschritte“.

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Gleich nebenan: Das Jahr 1970. Willy Brandt fällt in Warschau auf die Knie. „Das ist ein Politiker, der noch etwas bewegt hat“, glaubt Christine Wichert (55). „Heute erzählt uns Peer Steinbrück, dass ein Glas Wein mindestens fünf Euro kosten muss“.

Themen, die Bürger bewegen

Es wird viel geredet über die Bundestagswahl, die Chancen der SPD und ihres Kanzlerkandidaten. „Die Partei sollte deutlicher hinter ihm stehen. Steinbrück ist jemand der eine klare Linie verfolgt und sagt, was er denkt“, findet Yvonne Schneider (26). „Eine Eigenschaft, die ich in der Politik sonst häufig vermisse“.

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Bildung, Arbeit und Chancengleichheit – das sind die Themen, die die Bürger bewegen. Mit der Agenda 2010 scheint viel Vertrauen in die SPD verloren gegangen zu sein. Doch auch Europa und seine Krise wurden Samstag immer wieder zum Thema. „Länder wie Griechenland und Spanien werden kaputt gespart und die Demokratie langsam ausgehöhlt. Die EU und die gesamte Politik muss endlich beginnen ihre Bürger ernst zu nehmen“, fordert Siegfried Wagner.

Einen Schritt in diese Richtung haben die Gelsenkirchener Genossen gemacht. Doch dass Politik oft am Bürger vorbeigeht, zeigte die letzte Station am Neumarkt: Die extra aufgestellte Dialog-Box sollte zum Verweilen und Diskutieren einladen. Sie erschien jedoch nicht sehr einladend und blieb die meiste Zeit über verwaist.