Gelsenkirchen. . Sie leitet neuerdings die Albert-Schweitzer-Förderschule geistige Entwicklung, hat an Regelschulen im Gemeinsamen Unterricht gearbeitet, über Kinder mit Förderbedarf bei emotionaler und sozialer Entwicklung ihre Doktorarbeit geschrieben: Dr. Christiane Fernkorn hat sehr viel für Inklusion übrig.

Kaum hat Dr. Christiane Fernkorn die Tür zum Klassenraum geöffnet, stürmen zwei Mädchen auf sie zu. Eine umschlingt ihre Taille, die andere bestürmt sie mit überschwänglichen Gesten. Auch die Jungs sind ganz aufgeregt, freuen sich, sie zu sehen. Der Lärmpegel steigt für kurze Zeit immens. Ein freundliches Lächeln der Schulleiterin reicht, um binnen weniger Minuten wieder für Ruhe zu sorgen. Die Frau tut gern, was sie tut, das ist unübersehbar. Ebenso wie ihr Kollegium an der Albert-Schweitzer-Schule für Kinder mit Förderbedarf in der geistigen Entwicklung. Dr. Christiane Fernkorn hat die Schulleitung hier in Beckhausen zum 1. Februar übernommen. Vorher hat sie eine Schule für Kinder mit Förderbedarf Lernen in Mülheim geleitet.

Förderschulleiterin – hat das in diesen Tagen, in denen soviel über Gemeinsamen Unterricht, Inklusion und Integration von Kindern mit besonderem Förderbedarf gesprochen wird, überhaupt noch Zukunft? Für die 55-Jährige ist das keine Frage. Zum einen, weil Integration in gesellschaftliche Normalität ohnehin oberstes Ziel ihrer Förderschule sei, schon immer und mit immer mehr Kooperationen. Zum anderen, weil sie selbst lange im Gemeinsamen Unterricht an einer Regelschule gearbeitet hat, dort Kinder mit Förderbedarf betreut hat.

Dass nicht komplett auf Förderschulen verzichtet werden kann, und schon gar nicht auf solche für Kinder mit Förderbedarf in der geistigen Entwicklung, ist für sie eindeutig. „Gerade unsere Kinder hier brauchen psychische Stabilität. Bei ihnen ist das Anderssein sehr deutlich und gerade deshalb brauchen sie eine Peergroup, die ihnen Stabilität gibt.“ An der Förderschule könne auf jedes Kind eingegangen werden, Therapie fließt in den Unterricht ein.

Spielerisches Lernen wichtig

Im Kita- und Grundschulbereich könne Inklusion auch bei Kindern mit Förderbedarf geistige Entwicklung funktionieren. Solange spielerische Elemente und handlungsbetontes Lernen im Vordergrund stehen, sei Gemeinsamer Unterricht bei guter Ausstattung möglich. „Aber wenn die Lernformen sich ändern, wird der Druck für meine Kinder hier zu groß. Ich vermute, dass sie künftig einfach später zur Förderschule wechseln,“ prognostiziert Dr. Fernkorn.

Über die Arbeit mit Kindern mit Förderbedarf in der emotionalen und sozialen Entwicklung hat die Mutter zweier Kinder (einer im Abi, eine im Studium) promoviert. „Diese Kinder in Regelschulen zu integrieren ist zu einem großen Teil vielleicht möglich, aber eine Herausforderung. Das kann funktionieren: Aber nur, wenn die personellen Ressourcen und die räumliche Ausstattung stimmen.“

Therapie und Unterricht gehen Hand in Hand

An der Albert-Schweitzer-Förderschule lernen derzeit 165 Kinder in Vollzeit. 50 junge Erwachsene, die in der Ausbildung in Werkstätten für Behinderte sind, absolvieren hier zudem in Teilzeitklassen ihre Berufsschulpflicht. Über 40 Sonderpädagogen und Fachlehrer unterrichten hier, hinzu kommen Ergo- und Physiotherapeuten und Logopäden. Pflege-, Snoozel-, Schaukel- und Ruheräume u.a. gehören zur Ausstattung, die in naher Zukunft umfassend renoviert werden soll. Therapie und Unterricht gehen bei Bedarf Hand in Hand. Auch abhängig von der Tagesform jedes Schülers.

Die Schule kooperiert im Bereich Chemie seit geraumer Zeit mit der Gerhart-Hauptmann-Realschule, das soll noch intensiviert werden. Zudem stehen Kooperationsgespräche mit den Bueraner Gymnasien an. Auch mit der benachbarten Grundschule wird kooperiert.

Soviel wie möglich wird die Annäherung an die „normale Gesellschaft“ geprobt. In Ski-Freizeiten, bei Kletterausflügen, Auslandsreisen, bei Schulkontakten und Praktika. Der Bestand der Schule ist – im Gegensatz zu Förderschulen mit anderen Schwerpunkten – auch nach dem voraussichtlichen Inkrafttreten des neuen NRW-Schulgesetzes 2014 nicht gefährdet.