Gelsenkirchen. In der Verzinkerei Voigt & Schweitzer läuft an 365 Tagen im Jahr der energieintensive Schmelzbetrieb. Im Ökoprofit-Prozess ging es dort 2012 um Änderungen im Produktions-Alltag und im Bewusstsein. 2013 wird das Projekt wieder aufgelegt. 15 Unternehmen aus der Region können mitmachen.

Der Geräuschpegel in der Halle ist hoch. Gebläse brausen, Krankatzen bollern über ihre Stahlbahnen, Ketteln rasseln, wenn die 45-köpfige Mannschaft mächtige Bauteile an den Haken nimmt, um sie ins Zinkbad zu senken. Mit 17,20 mal 1,80 m Kesselmaß ist es bei Voigt & Schweitzer groß genug, um selbst sperrigste Lkw-Auflieger-Bauteile zu versenken und glänzend vor Rostfraß zu schützen.

An 25 Standorten bundesweit zählt Voigt & Schweitzer unter dem Dach der belgischen Fontaine Holding Technologie zu den deutschen Marktführern für (Feuer)-Verzinken und Pulverbeschichtung.

Finanz-Lecks sind leicht zu schließen

Irgendwo zischt Druckluft aus einem Schlauch. Ein Geräusch, das Dr. Thomas Pinger selbst in diesem Getöse auffällt, auch weil hier bares Geld durchrauscht. Die erhöhte Aufmerksamkeit selbst für die kleinen Kostentreiber sind Nebenprodukt des Ökoprofit-Prozesses, dem sich die Groß-Verzinkerei im Hafen 2012 unterzog.

Manche Finanz-Lecks sind dabei leicht zu schließen. Siehe Druckluftschlauch. Andere bedürfen intensiverer Überlegungen. Größte Baustelle in der Halle war am Ende des Projekt-Zeitraums der Antrieb der Ofendeckel. Von Druckluft auf elektrische Steuerung wurde er umgestellt, was rund 4400 Euro kostete, aber pro Jahr rund 15.000 Euro einspart.

Am Ende steht die Einsicht

„Wir sind ein energieintensives Unternehmen. Wir müssen unsere Zinkschmelze an 365 Tagen im Jahr bei 450 Grad Temperatur halten“, sagt Pinger. In bessere Energie- und Umweltstandards investierte Voigt & Schweitzer schon ab Mitte der 1990er Jahre. Die Wärmerückgewinnung wurde verbessert, 2007 ein moderner Verzinkungsofen eingebaut. Und dann noch Ökoprofit? „Der Tenor ist am Anfang oft: Wir haben schon alles gemacht.

Aber am Ende steht die Einsicht: Insgesamt hat sich das rentiert“, meint Pinger, der für die Bereiche „Innovation und Nachhaltigkeit“ zuständig ist. Verzinkung, findet er ohnehin, „ist Umweltschutz. Wir schaffen ein langlebiges Produkt“. Das Thema passe da einfach. Vor allem profitieren andere Standorte mit. „Jedes unserer Werke agiert relativ eigenständig. Aber Erfahrungen und Lösungen sind natürlich übertragbar.“

"Unterschiedliche Branchen können voneinander lernen"

Das gilt auch für das Projekt Ökoprofit, das Wilhelm Schröder von der städtischen Wirtschaftsförderung begleitet: „Unterschiedliche Branchen können voneinander lernen. Vielfach ist man in Firmen auch einfach betriebsblind. Da hilft es, dass ein Berater mit dem Blick von außen in die Betriebe geht. Oft sind es die ganz simplen Fragen, die sich dann aufdrängen: Warum läuft dieses oder jenes Gerät? Kann man es vielleicht abstellen?“ Zu hinterfragen, was man täglich so macht, ist auch Pinger wichtig. „Man agiert ja sonst oft nach Bauchgefühl.“ Vielfach seien es nur Kleinigkeiten, die geändert werden. „Aber in der Summe bringt das vielleicht doch zwei bis drei Prozent Energieersparnis.“

Ab ins Zinkbad: 17,20 mal 1,80 m Kesselmaß sind groß genug, um selbst Bauteile mit großen Tonnagen und Dimensionen aufzunehmen.
Ab ins Zinkbad: 17,20 mal 1,80 m Kesselmaß sind groß genug, um selbst Bauteile mit großen Tonnagen und Dimensionen aufzunehmen. © WAZ FotoPool

Pinger schätzt die Praxis-Bezogenheit. „Pragmatisch an die Themen heran zu gehen, ist für Firmen entscheidend. Und es ist wichtig zu sehen, wie es die anderen machen. Der Ökoprofit-Prozess bedeutet auch ganz viel Kommunikation.“ Stimmt, findet Schröder. „Es geht uns auch um Bewusstseinsänderung und Veränderung. Wissen tun wir immer ganz viel, aber machen?“

Neue Runde mit 15 Unternehmen aus der Region 

Knapp 110 Unternehmen in Gelsenkirchen, Bottrop, Gladbeck und Herne haben in den vergangenen Jahren ihre Öko-Bilanz optimiert, nachhaltig ihre Energie- und Verbrauchskosten gesenkt und teils auch von Zuschüssen des Bundes profitiert. Der fördert Unternehmen, die ihren Betrieb effizienter ausrichten möchten. Der Weg zum Ziel führte für sie jeweils über das Projekt Ökoprofit. Das gilt auch wieder für 2013: 15 Unternehmen aus Gelsenkirchen und den Nachbarstädten können sich ökologisch und profitabler ausrichten.

Vom großen Krankenhaus über den international aufgestellten Papierproduzenten bis zum Handwerksmeister gilt: „Für ein Jahr wird der jeweilige Betrieb durch ein Beratungsunternehmen dabei unterstützt, Betriebskosten zu reduzieren. Schwerpunkt ist das Thema Energieeffizienz, aber auch Themen wie Abfall oder Wasser werden behandelt“, erklärt Wilhelm Schröder von der Wirtschaftsförderung der Stadt Gelsenkirchen.

Vom Umweltmanagement bis zur Mitarbeitermotivation

Umweltmanagementmaßnahmen werden mit Ökoprofit etabliert (und zertifiziert). 2012 haben sich 17 Firmen erfolgreich beteiligt „und mit über 100 erfolgreich umgesetzten Maßnahmen für mehr Umweltschutz wurden jährliche Einsparungen von rund 416.000 Euro erreicht“, rechnet Schröder. Weitere Erfolgs-Fakten: Durch die Reduzierung des Energieverbrauchs um 2,6 Millionen kWh wurde der CO2-Ausstoß um 1300t jährlich reduziert, zudem wurden 73t Abfall und 5200m³ Abwasser vermieden.

Acht halbtägige Workshops der Teilnehmer zu verschiedensten Themen – von Druckluft- und Beleuchtungstechnik über Umweltmanagement bis zu Mitarbeitermotivation – und fünf halbtägige individuelle Beratungstermine in den Betrieben gehören zu Ökoprofit.

Den Antrieb der Ofendeckel umgestellt

Mittlerweile haben 35 Firmen allein aus Gelsenkirchen am Ökoprofit-Prozess teilgenommen. Die städtischen Seniorenheime, der Schlauchspezialist Masterflex, Mr. Chicken, die Sparkasse Gelsenkirchen, Schalke 04, Müller’s Mühle, die Fleischerei Ridderskamp, Möbelhändler Roller, Thyssen-Krupp Electrical Steel oder eben auch Voigt & Schweitzer zählen dazu. Das Unternehmen feiert 2014 sein 25-jähriges Bestehen.

Die Holding vereint fünf Schwesterfirmen mit 35 Werken und 2000 Beschäftigten.
Im Betrieb An den Schleusen 6 hat man nach der Ökoprofit-Beratung die Abluftstrecke in der Verzinkerei optimiert, den Antrieb der Ofendeckel auf elektrische Steuerung umgestellt und zum Beispiel die Steuerung von Rauchgas- und Trockenofen-Ventilatoren verbessert. Einmalige Investitionen: ca. 10.000 Euro. Errechnete Ersparnis jährlich: etwa 44.000 Euro.