Gelsenkirchen. . Kinder- und Jugendklinik Gelsenkirchen diagnostizierte zuletzt häufiger versteckte Formen von Autismus. Hilfe für verzweifelte Eltern, die mit ihren Kindern oftmals eine wahre Odyssee hinter sich haben.
Das Wort „Autismus“ weckt in der Regel Assoziationen von schrullig-sympathischen Genies á la „Rainman“; Menschen, die einem Supercomputer gleich monströseste Rechenaufgaben spielend im Kopf lösen können, schon im Kindesalter jeden hochqualifizierten Symphoniker wie einen blutigen Anfänger aussehen lassen, im Alltag aber sich kaum eigenständig die Schuhe zubinden können.
„Es gibt aber kein einzelnes Symptom, an dem sich der Autismus sicher erkennen lässt“, sagt Dr. Irmgard Franek, ärztliche Leiterin der Tagesklinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie in Gelsenkirchen. Sie und ihr Kollege Thomas Schebaum-Stein (Psychologe) sind bei der Behandlung von Kindern und Jugendlichen in den vergangenen zwei Jahren vermehrt „auf schwer erkennbare Formen des Autismus gestoßen“. In Zahlen: 15 Fälle – bei einem Durchgang von 112 bis 118 Patienten im Jahr. Die Klinik hat 18 Therapieplätze.
Diagnostiziert wurden diese Autismusfälle, weil die Klinik wesentlich bessere Möglichkeiten hat, versteckte Entwicklungsstörungen heraus zu filtern. „Wie etwa das Vermeiden von Blick- und Körperkontakt“, zählt Thomas Schebaum-Stein einige Symptome auf, „eine eher mechanisch wirkende Sprache abseits der Norm, Lern- und Konzentrationsstörungen sowie auch Hyperaktivität und Aggressivität.“ Hilfsmittel dabei sind unter anderem verdeckte Videoaufzeichnungen bei der Simulation von Alltagssituationen wie etwa dem Unterricht in der Schule, dem Spielen mit anderen Kindern, der Hausaufgabenbetreuung und Ähnlichem.
Hilfestellung für Ausbildung
Auch die Eltern sind involviert. „Denn sie haben mit ihren Sprösslingen oft eine regelrechte Odyssee von einem Arzt und Therapeuten zum nächsten hinter sich“, berichtet Irmgard Franek. Meist ohne Erfolg. Die Spezialisten der Tagesklinik können anhand ihrer Diagnostik heraus kristallisieren, welche Situationen bei den Kindern im Alltag noch funktionieren und welche nicht – etwa das Training im Sportverein. Ziel: die tägliche Abwertung durch Ausgrenzung stoppen.
Irmgard Franek: „Ich habe Eltern erlebt, die auf die Diagnose geradezu erleichtert reagierten, weil sie endlich, nach vielen zermürbenden Jahren, eine Erklärung für das krasse Verhalten ihres Kindes bekamen. Jetzt heißt es: Du bist so ganz anders. Aber ich weiß jetzt, warum! Das ist eine Erleichterung für alle.“