Gelsenkirchen. . Zwei Jungen aus dem Jugendzentrum Nottkampstraße haben sich gemeinsam mit Paul Baumann vom Projekt „Steinbruch Demokratie“ mit der Bücherverbrennung vor 80 Jahren kreativ und kritisch auseinandergesetzt.

Was haben Bertold Brecht, Erich Kästner, Joachim Ringelnatz und Kurt Tucholsky gemeinsam? Sie gehören zu den Schriftstellern, deren Werke während der Bücherverbrennung im Nationalsozialismus am 10. Mai 1933 öffentlich ins Feuer geworfen wurden. Zwei Jugendliche aus dem städtischen Jugendzentrum Nottkampstraße haben sich gemeinsam mit Paul Baumann vom Projekt „Steinbruch Demokratie“ mit dem Thema auseinandergesetzt und einen Kalender produziert, der einige der betroffenen Autoren in Bild und Wort vorstellt.

2000 Exemplare liegen in Bürgerbüros, Stadtteilbüros, Jugendheimen und anderen städtischen Einrichtungen zur kostenlosen Abholung bereit. Auch die jüdische Gemeinde und Geschäfte in Schaffrath sind mit den Kalendern eingedeckt worden. Die zwölf Kalenderblätter zeigen die Autoren oder ihre Werke – als Foto, Zeichnung oder Briefmarke. Ergänzt werden die Bilder von Kurz-Biografien der Schriftsteller. Tage, an denen in Gelsenkirchen Veranstaltungen zum erweiterten Thema Nationalsozialismus stattfinden, sind auf den Kalenderblättern rot markiert.

Aus 300 Autoren gewählt

An zwei langen Samstagen haben die Kalender-Kreativen in Schaffrath zusammengesessen, gebrütet und gegrübelt, das Online-Portal Wikipedia als Hauptquelle genutzt. „Zwölf Schriftsteller auszuwählen – von den 300, die damals betroffen waren – um sie auf den zwölf Kalenderblättern darzustellen, ist uns nicht leicht gefallen“, sagt Robert Schuster (15).

Einige wichtige Autoren seien rausgefallen, erläutert Paul Baumann. Walter Mehring etwa, oder Erich Mühsam. Einige der Bücher haben die Kalendermacher zusammengetragen, ihre Werke liegen im Jugendzentrum zur Ansicht auf einem Tisch. Die Namen sämtlicher Autoren, deren Bücher vor 80 Jahren verbrannt wurden, finden sich auf dem Kalender-Titelblatt.

„Wir sind Demokratie"

„Das ist ein projektbegleitender Kalender“, sagt Baumann und verweist auf das Thema der städtischen Jugendförderung für 2013, das da heißt: „Wir sind Demokratie. Augen auf! Misch Dich ein!“ Die Idee für den Kalender hatte Klaus Radojewski, der Leiter des Jugendzentrums Nottkampstraße: „Im November haben wir uns mit vier Jugendlichen zusammengesetzt.“

Weil die Arbeit so zeitintensiv war – pro Samstag mindestens zehn Stunden – sind am Ende nur Dominik Nie und Robert Schuster (beide 15) übriggeblieben. Beide gehören auch zum Filmclub URMZ des Jugendzentrums. Dominik: „Ich wusste vorher nicht so detailliert, was vor 80 Jahren passiert ist. Wir haben das Thema Nationalsozialismus zwar schon in der Schule behandelt, aber noch nicht so intensiv.“ Vor allem ein Satz von Heinrich Heine aus dem Jahr 1823 habe sie beeindruckt: „Dort, wo man Bücher verbrennt, verbrennt man auch am Ende Menschen.“