Gelsenkirchen.

Um Politik auf allen Ebenen ging es beim Neujahrsempfang der SPD Gelsenkirchen am Samstag. Im Mittelpunkt der Redebeiträge von Heike Gebhard (MdL), Joachim Poß (MdB) und Norbert Römer (MdL, Chef der SPD-Landtagsfraktion) standen Themen, die auf den Entscheidungsebenen in Land und Bund anzusiedeln sind – aktiver Wahlkampf eingeschlossen –, in ihren Auswirkungen aber oft die Menschen vor Ort treffen.

Die Sozialdemokraten hatten wieder in die Werkstätten des Sozialwerks St. Georg eingeladen. Dem Ruf folgte erwartungsgemäß ein repräsentativer Querschnitt aus den Reihen von Politik, Gesellschaft und Wirtschaft der Gelsenkirchener Stadtgemeinde. Es war voll an der Emscherstraße, als die SPD-Vorsitzende die Gäste der Partei begrüßte und die Themen der unterschiedlichen Ebenen dabei miteinander verknüpfte.

Inklusion ist eine Herkules-Aufgabe

Sie benannte die Inklusion, für die in Düsseldorf ein fertiger Aktionsplan vorliege. Bezeichnete die Umsetzung als „Herkules-Aufgabe“, auch weil ein Abbild des Halbgottes in der Stadt zu sehen sei. Die Landtagsabgeordnete erinnerte an das Versprechen ihrer Bundespartei, sich im Falle eines Regierungswechsels im Herbst 2013 künftig an den Kosten der Eingliederungshilfe für Menschen mit Behinderungen beteiligen zu wollen. Die müssten die Verbandskommunen jährlich an den Landschaftsverband Westfalen-Lippe abführen und verschlechterten deren Kassenlage deutlich.

Gebhard zählte die laut SPD notwendige Korrektur der Arbeitsmarktinstrumente auf, hob die von den Genossen wahrgenommene Solidarität innerhalb der Stadt hervor und ließ die Gelsenkirchener Eigenschaft nicht unerwähnt, „dass wir hier nicht auf Hilfe von Außen warten, sondern selbst nach Lösungen suchen“. Mehr denn je, seit Frank Baranowski als Oberbürgermeister im Amt sei. Gebhard: „Der Beleg dafür sind die Preise, die Gelsenkirchen erhält.“ Etwa für die präventive Arbeit mit Kindern oder für die Nachhaltigkeit der Projekte, was jüngst durch den Preis der Unesco belegt worden sei.

Joachim Poß macht Wahlkampf seit 1979

So bereitete sie Joachim Poß das Feld für den ersten echten Wahlkampfbeitrag im Jahr 2013. Der finanzpolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, der dem höchsten deutschen Parlament seit 1980 angehört, machte den Gästen früh klar, über welchen Erfahrungshorizont er verfügt. Poß erinnerte sich an seinen ersten Wahlkampf im Jahr 1979, zu Zeiten also, als Willy-Brandt noch aktiv sozialdemokratische Politik gestaltete und Helmut Schmidt als Kanzler maßgeblich die Entscheidung für den Nato-Doppelbeschluss verantwortete. Joachim Poß glaubt, dass der Wahlkampf ungeachtet aller Umfragen längst nicht entschieden sein, mit Blick auf Peer Steinbrück auch nicht in der Kanzlerfrage: „Schwarz-Gelb hat in den Augen vieler, die nichts mit der SPD zu tun haben, abgewirtschaftet.“ Die Wahlentscheidung im Bund sei wichtig, auch für die Zukunft der Region.

Poß nennt Regierung eine Chaostruppe 

Bezeichnete Gebhard die Regierungskoalition in Berlin zuvor als „Hühnerhaufen“, nannte Poß sie eine „Chaostruppe“ und hob ironisch heraus, „dass die Kanzlerin angesichts der Umfragen ja nichts mit diesem Zustand zu tun hat“. Dringliche Aufgaben sieht der Abgeordnete u.a. in der Relevanz gesellschaftspolitischer Politik, in einem gesetzlichen Mindestlohn, in einer armutsfesten Solidarrente, in der Abschaffung einer Zwei-Klassen-Medizin, dem Ausbau des Programms „Soziale Stadt“, einer Aufsicht und Regulierung der Finanzmärkte sowie dem Neu-Aufbau eines modernen Sozialstaates.

Für Norbert Römer, den SPD-Fraktionsvorsitzenden im NRW-Landtag, liegt die Ursache für das starke und schnelle Comeback der SPD nach der Wahlniederlage im Jahr 2005 maßgeblich daran, „dass wir mit den Betroffenen reden“. Das sei nicht immer einfach und manchmal schweißtreibend, aber immer notwendig und so etwas wie der rote Faden der Sozialdemokratie in Nordrhein-Westfalen. Die Partei wolle eine gute Politik für die Menschen machen. Sie sei daher offen für alle Ideen, die von außen an sie herangetragen würde.

Römer fordert ein Umdenken

Römer hob hervor, dass es wichtig sei umzudenken. Dass nicht mehr nur in gesellschaftliche Reparaturkosten investiert werden dürfe, sondern zunehmend in Prävention. In Bildung, darin, dass kein Kind zurück gelassen werden dürfe und dass dies Geduld erfordere, ehe Erfolge sichtbar würden – einem Programm also, dem sich Gelsenkirchen längst verschrieben habe und für das die Stadt modellhaft stehe.

Die industrielle Produktion sieht der Fraktionschef als Grundlage des Wohlstandes für Land und Region an. Darum sei sie so im Koalitionspapier fixiert. Wo Produktionen ausliefen, müssten industrielle Anschlüsse geschafft werden. „Mein Dank geht direkt an den Oberbürgermeister, an Frank Baranowski. Das Land, die Regierung wird helfen, das umzusetzen.“