Gelsenkirchen. . Trotz vielfacher Inserate und Preisen unter Wert finden altgediente Kinder- und Jugendmediziner in Gelsenkirchen keine Nachfolger, die ihre Praxen übernehmen. Es droht ein Versorgungsengpass.

Schenkt man der aktuellen Statistik der Kassenärztlichen Vereinigung Westfalen Lippe (KV) Glauben (siehe Grafik), so gilt Gelsenkirchen, was Kinderärzte angeht, als überversorgt. „Es sind 16 an der Zahl“, sagt KV-Sprecher Christopher Schneider, „was einer Versorgungsquote von 124 Prozent entspricht.“ Das Dumme an solchen Erhebungen sind allerdings die Grundlagen, auf denen sie beruhen. Denn: Die aktuelle Bedarfsplanung stammt aus den 1990er Jahren und erfasst nur gesamtstätisch die Kinderärzte. Was, wie sich jetzt zeigt, örtlich zu Verschiebungen, wenn nicht gar zu Versorgungsengpässen führen kann.

Nachfolger händeringend gesucht

Warum? Zwei Kinderärzte mit Praxen im erweiterten Kreis der Innenstadt, die von Dr. Maria Helou und Dr. Wulf Kothe-Eimermacher (Weberstr., Florastr.), finden trotz mehrerer Inserate niemanden, der ihre Praxen übernehmen und fortführen will. Maria Helou schließt jetzt am 31. Dezember die Türen ab und bei Wulf Kothe laufen ebenfalls die Planungen für eine Abschiedsfeier dieser Tage. „Es finden sich keine jungen Ärzte, die sich trauen, eine Praxis aufzunehmen“, sagt Wulf Kothe traurig. Ihr Augenmerk liege darauf, in medizinischen Versorgungszentren unter zu kommen.

Und es ist die Angst, sich finanziell zu übernehmen, obwohl Ärzten Kredite zu Konditionen eingeräumt werden, von denen Normalbürger oftmals nur träumen. Und das, obwohl die Preise für Praxen aufgrund der schlechten Nachfrage im Keller sind. Zu hören ist, dass kleinere Praxen schon für unter 50.000 Euro zu bekommen sind.

"Das wird eine Lücke reißen"

Den Wegfall der zwei innerstädtischen Praxen bewertet Dr. Werner Kirchberg, Sprecher der Ärzte in Gelsenkirchen besorgt: „Das wird eine Lücke reißen, damit fahren wir zurück auf den Stand der 1980er Jahre.“ Selbst KV-Sprecher Christopher Schneider gibt offen zu, „dass es wohl zwangläufig zu einer Verlagerung in andere Stadtteile kommen wird.“ Wobei eine viel engmaschigere neue Bedarfsplanung – u. a. mit Einbezug der Stadtteile – im Frühjahr 2013 Abhilfe schaffen soll.

Folge dennoch: Mehrere tausend kleine Patienten müssen auf andere Ärzte im Stadtgebiet ausweichen – für eine Mutter mit einem fiebrigen Kleinkind ohne Auto sicher eine Zumutung. Erschwerend kommt hinzu, dass Kollegen wie Dr. Christof Rupieper und Dr. Magnolia und Hooshang Hamzavi (alle Ebertstr.) nicht viel Luft nach oben haben. Hamzavi: „Pro Quartal betreuen wir wir etwa 1900 Patienten. 100 bis 200 mehr könnten wir verkraften, mit mehr stießen wir an unsere Grenzen.“