Gelsenkirchen. Der Verband Wohneigentum vertritt aktuell 1150 Hausbesitzer in der Stadt. Ein Bochumer Ingenieurbüro liefert die Faktenbasis für Ansprüche an die Ruhrkohle – doch Fristen laufen aus.

Von Resse bis in den Stadtsüden zieht sich eine Bruchlinie. Unterirdisch, nicht gleich sichtbar. Aber mit massiven Folgen. „Gerade in Ückendorf sind die Schieflagen hoch. Das ist wirklich extrem dort“, sagt Magnus von Bormann vom Ingenieur- und Vermessungsbüro Altegoer aus Bochum. Seine Sichtweise ist stark beruflich geprägt. Und durchaus Interessen-gesteuert. Die Firma Altegoer hat sich auf „Bergschäden, Schieflagen, Verkehrswerte und Gutachten“ spezialisiert.

Ein dauerhaftes Geschäft im Herzen der einst stolzen Bergbauregion. Die Zechen von einst beschäftigen weit über die letzte Grubenfahrt hinaus Gutachter und Rechtsanwälte – und als Leidtragende Immobilienbesitzer. Risse in den Wänden, geknickte Grund-Leitungen, hängende Türen, absinkende Gebäudeteile: all das gehört zum Schreckensszenario. Im Einflussbereich des Bergbaus, rechnet der Experte, „sind bis zu 80 % der Häuser betroffen.“

Risse und geknickte Grundleitungen

Von Bormanns Firma ist Kooperationspartner für den Verband Wohneigentum, der wiederum im Ruhrgebiet über 10.000 Bergschäden-Opfer vertritt, davon 1150 in Gelsenkirchen. "Wir kommen auf rund 3 Mio Euro Forderungen.“ Allein in diesem Jahr wurden in Erle und Buer in mehreren Einzelfällen Entschädigungen zwischen 12.000 und 13.500 Euro gezahlt. „Da hat es früher schon Regulierungen gegeben. Sonst wären die Summen noch höher gewesen“, sagt von Bormann.

Aktuell in Bearbeitung sind in der Stadt 405 Fälle. Es dürften mehr werden, denn langsam schließt sich ein Zeitfenster, das für Hausbesitzer Folgen hat. Viele haben noch Ansprüche, doch die haben sie vielleicht noch nicht geltend gemacht oder den Hausschaden nicht unbedingt mit dem Bergbau in Verbindung gebracht.

Möglicher Schaden muss gemeldet werden

Unter Gelsenkirchen ist – von Herten aus – das letzte Mal im Jahr 2000 Kohle abgebaut worden. Wesentliche 30- und Zehn-Jahres-Fristen laufen aus, oft gibt es auch noch sogenannte Rückstellungen aus den 70er Jahren, also Fälle, an die sich beispielsweise die Erben von Hausbesitzern nicht mehr erinnern können.

„Immer mehr“, stellt von Bormann fest, „bezieht sich die RAG auch auf die dreijährige Frist der Kenntnis eines Schadens.“ Sprich: ist ein möglicher Schaden nicht angemeldet, kann der Regulierungsanspruch bereits verjährt sein. 2013 wäre das nach von Bormanns Rechnung der Fall „Und die RAG wird sicher nicht von alleine auf den Eigentümer zukommen“, sagt der Experte. Eine weitere Befürchtung: „Wenn 2018 die Kohlesubventionen auslaufen, könnte die Regulierung noch schwieriger werden.“

Der Schädiger trägt die Kosten

Resse, Buer, Horst, Schalke und Bismarck sind laut Magnus von Bormann die Stadtteile, in denen sich noch so genannte Störungsverläufe bemerkbar machen. Das Vermessungs- und Ingenieurbüro Altegoer hat für das Revier ein Störungskataster erarbeitet. Wenn Hausbesitzer einen Bergschaden vermuten, wird zunächst ermittelt, ob die betreffende Immobilie tatsächlich im bergbaulichen Einflussgebiet liegt. Faktoren wie Lage und Baujahr werden geprüft, danach wird entschieden, ob eine Expertise sinnvoll ist.

Die Untersuchung ist für die Verbandsmitglieder kostenlos. Liegt ein Bergschaden vor, trägt der Schädiger die Kosten. Der Auftraggeber bleibt unbelastet. Die RAG muss dann auch weitere Gutachterkosten, zum Beispiel für einen Bausachverständigen tragen, so von Bormann. Die Verfahren können sich durchaus ziehen: „Es kann über ein Jahr dauern, bis die Regulierung durch ist.“

Verbund verschiedener Fachrichtungen

Der Verband Wohneigentum vertritt Bergbaugeschädigte. Private Hausbesitzer sind Kunden der Altegoer GmbH. Mit im Bund: Ein Bausachverständigenbüro und ein Anwalt aus Dortmund. Das Büro Alrtegoer wurde 1977 gegründet. Ursprünglich arbeiteten die Vermesser für die Ruhrkohle. Info: www.altegoergmbh.de