Der Verband bergbaugeschädigter Haus- und Grundeigentümer wird 50 Jahre alt. Das Jubiläum wird Mittwoch im Schloss berge gefeiert. gastredner ist Oliver Wittke. Der Verband hat 22900 Mitglieder - 4400 kommen aus Gelsenkirchen
Der Bergbau verschwindet Zeche für Zeche aus dem öffentlichen Bild. Industriedenkmale bleiben in seinem angestammten Revier zurück. Und Ewigkeitslasten. Die Wasserhaltung wird noch Generationen beschäftigen. Weitere Jahrzehnte Beschäftigung wird der Bergbau auch dem VBHG, dem Verband bergbaugeschädigter Haus- und Grundeigentümer bescheren. Rund 7000 Schadensfälle bearbeiten die rund 40 Mitarbeiter. Pro Jahr! Mit nachlassender Nachfrage ist vorläufig nicht zu rechnen.
50 Jahre alt ist der Verband selbst. Am 1. Oktober 1959 ging er aus der 1910 gegründeten Bergschädenversicherung für Haus- und Grundeigentümer hervor. Geschaffen wurde ein Verein, der im Rahmen des Rechtsberatungsgesetzes seine Mitglieder außergerichtlich berät und vertritt. Immerhin über 22 900 sind es aktuell bundesweit, davon 4400 allein in Gelsenkirchen. Hier an der Schalker Straße 13 war auch der Gründungsort.
In Gelsenkirchen wird am heutigen Mittwoch mit einem Festakt (und einem Vortrag von CDU-MdL Oliver Wittke über „Das Ruhrgbiet nach Kohle und Stahl”) auch das Jubiläum gefeiert – und zwar im Schloss Berge, einem historischen Ort, dessen Umgebung auch vom Bergbau gezeichnet wurde. Der Berger See drohte vor Jahren trocken zu fallen, der Grund hatte sich schief gestellt. Aufwändig mussten Spundwände gesetzt werden, um Seecharakter und -wasser zu (er)-halten.
Den Seecharakter erhalten
Ein spektakulärer Schadensfall, an den sich der stellvertretende VBHG-Geschäftsführer Achim Sprajc erinnert. Auch weil sein Verband tätig war. In der Regel geht es weniger dramatisch zu, wenn die Ingenieure, Juristen und Betriebswirte aktiv werden. Bergschäden, sagt Sprajc, „das kann der Riss in der Wand sein. Oder Bewohner spüren Erschütterungen im Untergrund. Oder sie stellen fest, dass Türen und Fenster auf einmal von alleine zufallen. Dass kann aber eben auch bis zur kompletten Schieflage gehen.” Da scheint dann auf einmal der Kaffee schräg aus der Tasse zu schwappen. Gerade im Ruhrgebiet, weiß Sprajc, „ist die Bevölkerung dafür sensibilisiert.”
Egal ob vermeintliche Lappalie oder persönlicher Super-Gau – in jedem Fall beginnt der Gang durch die Instanzen, wenn es darum geht, ob und gegen wen Schadenersatzansprüche geltend gemacht werden können. „Betroffene können sich an einen Rechtsanwalt wenden, hier im Revier direkt an die RAG oder eben an eine Interessenvertretung. „Wir bearbeiten rund 30 % der Bergbauschäden der RAG”, schätzt Sprajc. Zur VBHG-Klientel gehören „zu 95 % private Hauseigentümer”, Mitglieder sind aber auch vielfach Städte und Kreise, Genossenschaften, auch Firmen oder Krankenhäuser. „Selbst der Hafen Hamm zählt zu unseren Mitgliedern”, sagt Sprajc. Der Vereinsbeitrag ist abhängig vom Verkehrswert der Immobilie. „Im Schnitt sind das etwa 100 Euro pro Jahr.”
Consol oder Nordstern haben Spuren hinterlassen, auch wenn der Betrieb längst eingestellt wurde. „Alte Bewegungen haben wir immer noch.” Insgesamt, so die VBHG-Experten, treffen neuere Bergschäden kleinere Bereiche, „aber die Folgen sind intensiver geworden. Durch den veränderten Abbau ist das Verhalten an der Oberfläche anders geworden. Es ist so, dass schneller Schäden auftreten.
Musterprozesse bis zum Bundesgerichtshof
Um die Vereinheitlichung und Beweiserleichterung bei Feststellung, Auswertung und Entschädigungsbewertung „bergbaubedingter Schieflagen” mühte sich der VBHG. Er führte zahlreiche Musterprozesse und erreichte vor dem Bundesgerichtshof schließlich die Staatshaftung im Bergrecht. Ist kein Verursacher haftbar zu machen, ist seither der Staat in der Pflicht.
Gelsenkirchen war Sitz der Bergschädenversicherung und des VBHG. 1982 verlegte der Verein seine Geschäftsstelle nach Herten. Von dort werden aktuell 6500 Prüf- und Regulierungsaufträge (davon 800 in Gelsenkirchen) bearbeitet. 2009 registrierte der VBHG 8000 Schadensfälle in NRW und im Saarland (550 in GE). In den 1970er Jahren begleitete der VBHG den Stadtbahnbau in Gelsenkirchen und erstellte 1980 eine Dokumentation über Bergschäden im Stadtgebiet, die bei der weiteren städtebaulichen Planung Berücksichtigung fand.