Gelsenkirchen.

Die Sorgenfalten der Akteure am Arbeitsmarkt nehmen zu. Unternehmen klagen über Fachkräftemangel, für die Agentur für Arbeit wird es immer schwerer, ungelernte Langzeitarbeitslose zu vermitteln.

So hat die Agentur für den Business Talk im Gelsenwasser-Glaspalast auch den Titel „Qualifiziert für die Zukunft“ zum Leitthema gewählt. Vor zahlreichen Unternehmensvertretern beschrieben Experten von Kammern, Gewerkschaft, Unternehmen und Arbeitsverwaltung die Tugenden, die von Arbeitgebern und Arbeitnehmern zukünftig erwartet werden.

Fachkräftemangel ist absehbar

OB Frank Baranowski zerstreute in seiner Begrüßung gleich die Hoffnung, bei nachlassenden Bewerberzahlen das Gleichgewicht zwischen Angebot und Nachfrage herstellen zu können. Es sei naiv, anzunehmen, der demographische Wandel nehme uns die Probleme ab. Er forderte mehr und bessere Bildung, die insbesondere Familien von Zuwanderern erreichen müsse.

IHK-Geschäftsführer Peter Schnepper zeigte ein Zukunftsbild, das Unternehmen vor erhebliche Schwierigkeiten stellen werde. Im Jahr 2030 würden im Emscher-Lippe-Raum 120.000 Fachkräfte fehlen bei gleichzeitiger Reduzierung der Schülerzahlen um ein Drittel. „Die Betriebe werden um Schüler ringen,“ prophezeite Schnepper, der den Kampf um Talente schon in vollem Gange sieht. Zum beruflichen wie gesellschaftlichen Upgrade gehört für den Kammersprecher ein Gesundheitsmanagement, die Vereinbarkeit von Familie und Beruf, Vertrauensbildung und Willkommenskultur bei Arbeitgebern.

Bewerbungen lassen qualitativ nach

Weiterbildung sieht Schnepper nicht nur als Chefsache, „sie muss ein lebendiges Betriebssystem und durch Schulung eigener Mitarbeiter in betriebliche Abläufe eingebettet sein.“ Als Beispiele für den Aufbau eines funktionierenden und stabilen Fundaments bezeichnet Schnepper die internen Abläufe beim Zeitmanagement, bei Führung und Kommunikation. 87 % der Unternehmen hätten das Thema Qualifikation auf der Agenda und investierten in Weiterbildung.

Ein weniger gutes Zeugnis stellt der IHK-Geschäftsführer dem jugendlichen Nachwuchs aus. Bewerbungen ließen qualitativ nach. Die Entwicklung sollte Unternehmen dazu bewegen, systematische Kontakte zu Schulen aufzubauen, eigene Leute in die Klassen zu schicken. Vom gleichzeitigen Lernen in der Schule in Verbindung mit Lernen im Netz profitierten Jugendliche wie auch die Betriebe. „Was wir in Deutschland teurer sind, müssen wir besser sein.“

DGB: Weiterbildungs-Initiativen sind überschaubar 

Zu unterschiedlichen Wahrnehmungen von Weiterbildung in Betrieben kamen in der Diskussionsrunde Josef Hülsdünker, DGB-Chef in der Region Emscher-Lippe, wie auch Christiane Schönefeld, Chefin der Regionaldirektion NRW der Bundesagentur für Arbeit.

Die Initiativen zum Thema Weiterbildung bezeichnet der Gewerkschafter in Betrieben als überschaubar. Je weiter es in der Hierarchie nach unten gehe, desto weniger Weiterbildung gebe es. „Wir müssen am kulturellen Umbau arbeiten, können dann auch Ältere länger am Arbeitsplatz halten. In der Vergangenheit“, so Hülsdünker, „hat man die Leute einfach nach Hause geschickt, ohne sie weiter zu qualifizieren.“

Initiative muss von Betrieben ausgehen

Auch Christiane Schönefeld erwartet, dass der Blick für Weiterbildung in allen Betrieben geschärft werde. Dabei müssten gering Qualifizierte ebenso mit einbezogen werden. Den Arbeitgeberservice sieht Schönefeld als flankierendes Hilfsinstrument für Arbeitgeber. Die Initiative müsse aber von den Betrieben ausgehen.

Dr. Christopher Schmitt vom Arbeitgeberverband Emscher-Lippe ist überzeugt, dass Weiterbildung immer mehr den Bereich der Tarifverträge erreichen und dort verankert werden könnte.

Philosophie eines offenen Betriebs

Christian Gerhardt als Chef des gleichnamigen Elektrounternehmens sieht seine Philosophie eines offenen Betriebs als erfolgreich. Mit Mitarbeitern führt er Jahreszielgespräche über Weiterbildungsmöglichkeiten. Christian Gerhardt: „Wir zahlen, von den Mitarbeitern fordern wir einen zeitlichen Einsatz.“

Auch bei E.ON, bestätigte Frank Bodmer, würden die Bemühungen der Mitarbeiter, die hoch motiviert seien, unterstützt.