Gelsenkirchen. . Eine Stunde lang war die WAZ zu Gast im gut getarnten und Videoüberwachungswagender beiden Gelsenkirchener Polizeihauptkommissare Martin Weiher und Michael Rozynek.

So etwas nennt man Vorführeffekt: Weder der unscheinbare Kleinwagen auf der A 42 noch das sündhaft teure Sportcoupé an der BP-Raffinerie in Scholven fiel als übler Raser auf. „Alltag“, sagt Polizeihauptkommissar (PHK) Michael Rozynek (52), der die Videokamera des umgerüsteten 5er-BMWs bedient. „98 % der Fahrzeuge übertreten die zulässige Höchstgeschwindigkeit im Schnitt um 10 km/h“, fügt Martin Weiher (47, PHK) am Steuer hinzu. Kleine Verkehrssünder sind zwar beide oben genannten Fahrzeughalter, aber nicht die, auf die es das Duo beim Blitzmarathon und im Alltag bei der Verkehrsüberwachung abgesehen hat. Das sind nämlich echte Raser, Drängler, die Leben gefährden, deren Vergehen Punkte in Flensburg und den Entzug der Fahrerlaubnis nach sich ziehen.

Drei-Schicht-Betrieb

Im Drei-Schicht-Betrieb sind die beiden Beamten mit 60 Kollegen, etlichen (Radar-)Wagen (Polizei und Stadt) und einer Vielzahl von mobilen Messgeräten, Laserpistolen, ausgerückt, um an neuralgischen Punkten – etwa an Ein- und Ausfallstraßen, an Kindergärten und Seniorenheimen – Temposünder zur Strecke zu bringen. Bis zum Nachmittag hatte Weihers und Rozyneks Chef Rainer Matern, der Leiter der Verkehrsinspektion, am Ostring und auf der Dorstener Straße „40 Übereilige“ notiert.

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Von Roller bis Motorradfahrer

In den sechs Jahren, in denen Weiher und Rozynek in der dunklen Limousine auf „Jagd“ gingen, hatten auch sie ihre „Aha-Erlebnisse“ – etwa den Motorradfahrer, der ihnen auf der Polsumer Straße „mit 107 Sachen und auf einem Rad (!)“ ins Netz ging. Oder drei junge Burschen, die mit stark frisierten Rollern (schneller als 70) halsbrecherisch zu flüchten versuchten.

Suche ohne Erfolg

Aber meist ist ihre Suche mühsam und ohne Erfolg. Für die Polizisten ein erfreuliches Ergebnis, zeigt es doch „dass die regelmäßigen Polizeiaktionen das Bewusstsein der Autofahrer für angepasstes Fahren schärfen.“ Vor allem, wenn die Delinquenten den Videobeweis unter die Nase gerieben bekommen. „Das bleibt auf Jahre im Gedächtnis “, versichert Martin Weiher. Da kommt keiner drumherum. Und entkommt schon mal gar nicht. Der 5er-Bolide hat PS satt, dazu verfügen beide über eine spezielle Fahrausbildung für Extremfälle, die ständig aufgefrischt wird.

Viel Aufwand. Aber aus gutem Grund: „Bei einer Geschwindigkeit von 50 km/h überleben acht von zehn Fußgängern, bei 65 km/h aber sterben acht von zehn.“