Gelsenkirchen. .
Oberammergau in Rotthausen: Im ersten Moment hat das schon etwas Abgefahrenes. Aber ganz ähnlich wie in dem bayrischen Dörfchen, wo seit 1634 Passionsspiele stattfinden, ging es in dieser Woche auch im evangelischen Gemeindehaus an der Schonnebecker Straße zu. Hier wurde nämlich beim Casting für die ersten Passionsspiele in Gelsenkirchen nach dem perfekten Jesus gesucht.
Die Jury fahndete auch nach zwölf Jüngern, acht Mitgliedern des „Hohen Rates“, nach einem Johannes dem Täufer, nach zwei Marias und einer Claudia. Und nach einem ganzen Volk von Laiendarstellern, das bei solchen Passionsspielen eben gebraucht wird.
Jüngerschar gesucht
Die Gelsenkirchener hatten den Aufruf zur Erlösersuche verstanden – und kamen in Scharen zum Vorsprechen. Nicht nur aus dem Stadtsüden, sondern auch aus der Feldmark und aus Buer, um sich der vierköpfigen Jury zu stellen. Und die saß in dem mit dunklem Holz getäfelten Raum des Gemeindehauses hinter einem Tisch, sah sich die einzelnen Bewerber ganz genau an, ließ sie vorsprechen und schauspielern. Dann wurde mit guten Ratschlägen und Kritik nicht gespart.
„Man muss die tiefe Trauer in Ihrer Stimme spüren. Aber machen sie bitte nicht so lange Pausen beim Sprechen“, bat Theatermacher und Schauspieler Elmar Rasch, der die Idee und das Konzept zu „Die Passion“ entwickelt hat, da etwa Brigitte Köster aus Ückendorf, die sich für die Rolle der Maria bewarb. „Es gibt ja nicht so viele Frauenrollen in diesem Stück“, sagte sie lachend – und ging nach wenigen Minuten mit der Zusage für die Traumrolle in der Tasche nach Hause.
Männliche Bewerber für Sprechrollen wurden auch gefragt, wie es denn um ihren Bartwuchs bestellt sei. „Wäre schon gut, wenn man nicht auf die unecht aussehenden Karnevalsprodukte zurückgreifen müsste“, gab Rasch zu bedenken – und wandte sich dann dem nächsten Bewerber zu.
Der „Jesus“ kam um 14 Uhr vorbei
Die Jurymitglieder Kirsten Sowa, Doris Di Marco und Alexander Welp machten sich derweil Notizen, welcher Laiendarsteller für welche Rolle in Frage kommen könnte. Die Bilanz nach sechs Stunden Casting: 15 Rollen sind inzwischen besetzt, um kurz nach 14 Uhr war sogar der perfekte Jesus gefunden. Er heißt Jesse Krauß, ist Jahrgang 1980 und sieht dem „Original“ zum Verwechseln ähnlich. „Ich finde, so etwas muss man doch mal gemacht haben im Leben. Und wer hätte gedacht, dass ich hier in Gelsenkirchen die Chance bekomme, einmal in so einem richtigen Passionsspiel den Jesus zu spielen“, erklärte Krauß, der nach eigenen Angaben noch keinerlei Schauspielerfahrung hat.
Weil trotz des guten Zuspruchs noch zahlreiche Rollen unbesetzt blieben, soll es am Mittwoch, 26. September, von 14 bis 18 Uhr noch ein weiteres Casting an der Schonnebecker Straße 23 geben. Rasch: „Wir suchen vor allem noch junge Männer zwischen 20 und 30 Jahren für das Stück.“
Die Proben sollen Ende September beginnen, die Premiere von „Die Passion“ ist für Mittwoch, 13. Februar 2013 vorgesehen.