Gelsenkirchen. Mit einem lässigen “I love you, Babe“ beendet er seine Rede und eröffnete am Freitagabend die Jubiläumsgala im Hotel Maritim. Die 500 Gäste in feiner Abendrobe applaudieren dem Jazz-Papst Rolf Wagemann für die Worte an seine Frau Ria und zum 25. Geburtstag seines dritten Kindes: den Jazztagen in Gelsenkirchen.
In den nächsten Stunden kann er genießen, darf er abschalten und versinken in den Klängen, die er so sehr liebt. Er ist schon den ganzen Tag unterwegs. Hat Musiker bezahlt, Telefonate geführt, organisiert und verhandelt.
Doch als Sean Moyses von „Rod Mason and his hot five“ Johannes Brahms „Ungarischen Tanz No. 5“ auf seinem Banjo interpretiert, ist all das vergessen. „Der absolute Wahnsinn, dieser Typ“, strahlt Rolf Wagemann und nickt applaudierend Oberbürgermeister Frank Baranowski zu.
Chris Barber zum Jubiläum
Den Höhepunkt der Jubiläums-Jazztage hat Jazz-Rolf, wie ihn Freunde rufen, direkt am ersten Festivaltag platziert: Chris Barber. Der 82-Jährige Musikveteran ist extra für den Auftritt im Maritim mit seiner zehnköpfigen Band aus England eingeflogen. „Wir kennen uns so lange, da ist das kein Problem“, erklärt Wagemann, der über 1200 Bands auf der ganzen Welt in seinem Adressbuch hat.
Chris Barber hat der gelernte Maschinenschlosser schon als Kind geliebt. Und als jener sein Konzert wie immer mit „Burbon Street Parade“ eröffnet, wippen die Zuhörer auf ihren Plätzen mit. Barber ist vital und spielt sein zweistündiges Set scheinbar mühelos. Dabei umgibt sich der Posaunist mit exzellenten Musikern.
New Orleans in Ge
„Hey Gregory“, ruft Wagemann während des Konzerts und grüßt Barbers Mann am Schlagzeug. Gregory Beck erwidert ohne auch nur ein wenig den Takt zu verlieren. Das Jazzfest in Gelsenkirchen ist immer auch ein Familienfest. Viele Musiker zählt der „Jazz-Papst“ zu seinen Freunden, jede Band, die an dem Wochenende im Maritim oder der Innenstadt spielt, hat er vorher gesehen. Doch die Veranstaltung bedeutet für den Organisator vor allem eines: Arbeit.
Am Samstagmorgen um halb Zehn klingelt sein Handy zum ersten Mal; eine Toilette ist defekt. „Die repariere ich lieber selber. Bevor da ein Techniker angerückt ist, läuft die Veranstaltung längst“, sagt Wagemann und fährt los.
Als Mädchen für alles unterwegs
Der 63-Jährige ist nicht nur Organisator sondern auch Mädchen für alles und ständig im Einsatz. Über 200 Musiker auf 14 Bühnen vom Heinrich-Königplatz bis zum Hauptbahnhof wollen an diesem Wochenende versorgt werden. Hinzu kommen die größeren und kleineren Probleme der Imbiss- und Getränkestände. Da Wagemann das gesamte Festival allein organisiert, ist er der Ansprechpartner. Zu schaffen macht ihm das nicht. Wenn sein Handy gerade einmal schweigt, hat er Zeit für die Combos auf den Bühnen. Direkt am Heinrich-König-Platz tummeln sich gleich 17 Musiker auf der Bühne und spielen lockeren New Orleans Jazz.
Das Michael Alf Trio aus Bayern hat da etwas mehr Bewegungsfreiheit auf der Bühne an der Von-Oven-Straße. Mit eigenen Jazz-Interpretationen von Udo Lindenbergs „Sonderzug nach Pankow“ oder dem Klassiker „The Sunny Side of the Street“ kommen sie bei den zahlreichen Besuchern super an.
Schräg gegenüber dem Trio stehen um 21 Uhr die Bluesbrothers auf der Bühne. Natürlich nicht die echten. Die beiden Kerle in dunklen Anzügen und Sonnenbrille sehen ihnen aber zum Verwechseln ähnlich. Und auch mit ihrem Gesang begeistern sie Hunderte von Zuschauern in der Abenddämmerung. „Für den 25. Geburtstag wollte ich draußen einen Kracher auf die Bühne stellen“, sagt Rolf Weilmann, der am Stehtisch etwas abseits der Bühne steht und zuhört.
Nach dem Konzert fährt er schnell nach Hause und wirft sich in Schale, um im Maritim den Abend zu beschließen. Nachdem knapp 24 Stunden später nach einem musikalisch abwechslungsreichen Sommertag am Sonntagabend der Vorhang fällt, ist für Rolf Wagemann und einige seiner ehrenamtlichen Helfer noch lange nicht Schluss. „Morgen wird abgebaut und dann geht die Planung für das nächste Jahr los.“ Nach dem Festival ist eben vor dem Festival.
Eine tiefe Verbundenheit mit dem Jazz
Durch seine tiefe Verbundenheit mit dem Jazz sowie seine Leidenschaft für diese Musikrichtung, kombiniert mit dem Wunsch, auch junge Leute dafür zu gewinnen und bereits bestehenden Jazz-Freunde immer wieder durch neue Auftritte von Bands zu begeistern, wurde Rolf Wagemann die Bezeichnung „Jazz-Papst“ gegeben. Wer mehr wissen will über ihn: www.jazz-rolf.de