Gelsenkirchen. . Die Lücke zwischen medizinischer Reha und dem knallharten Wiedereinstieg in den Beruf nach einem schweren Unfall soll ein neues Therapieangebot schließen. Der Workpark, eingerichtet in der Reha-Klinik am Berger See für ambulante und stationäre Patienten.
Ali Köse (47) steht auf einer kleinen Leiter und schraubt über seinem Kopf mit beiden Händen an einer Lochmetallkonstruktion mit Hebeln. Hinter ihm steht Miralen Kruskic und zieht an zwei dicken Tauen, die an der Wand befestigt sind. Über den Tauen ist ein Gerät, das misst, wieviel Kraft der 40-Jährige dafür aufbringen muss. Das Gewicht bzw. der Zug ist verstellbar. Beide Männer scheinen angestrengt, sind konzentriert, beide scheinen mit Schmerzen zu kämpfen.
Der Schein trügt nicht. Beide Männer hatten schwere Arbeitsunfälle. Und in dem Raum mit den eigenwillig anmutenden Installationen, der wie eine Melange aus einem Fitnessstudio und einer verdächtig sauberen Werkstatt wirkt, arbeiten sie daran, eines Tages wieder arbeiten zu können. Sie trainieren im Workpark der Rehaklinik am Berger See. In einem Parcours, der genau ausgerichtet ist auf Tätigkeiten im echten Arbeitsleben.
Brustwirbel und Hand gebrochen
Ali Köse ist Industriemonteur, muss beruflich sehr schwere Maschinen montieren und demontieren, dabei in allen Körperhaltungen Geschick und Kraft zeigen. Das lässt sich an normalen Fitnessgeräten kaum trainieren. Hier kann Ali Köse gebückt über Kopf schrauben, testen, ob das überhaupt geht, trainieren.
33 Jahre hat er in seinem Beruf gearbeitet, der täglich neues Herausforderungen brachte. Bis er eine schnöde Treppe herunterstürzte, sich das rechte Handgelenk und Brustwirbel kompliziert brach. Das war im April. Als er zu trainieren begann, konnte nicht einmal richtig in die Knie gehen. Jetzt macht er gute Fortschritte, hofft. in absehbarer Zeit wieder in den Beruf zurückkehren zu können. Schmerzen hat er trotzdem noch.
Miralen Kruscic macht sich fit für seine künftige Arbeit. Als Baumfäller mit Klettertechnik wird der Vater von zwei Kindern nicht mehr arbeiten können, das ist schon klar. Er ist aus sieben Metern Höhe von der Leiter gestürzt, Einen Wirbel hat es dabei in drei Teile zertrümmert. Künftig soll er LKW fahren, inklusive Beladen und Festzurren der Ladung. Dafür ist es sinnvoll, den Zug an den Seilen zu trainieren. Unter anderem.
"Workpark" ergänzt Therapie-Angebot der orthopädischen Reha-Klinik
Seit Mai ergänzt der „Workpark“ das Therapie-Angebot in der orthopädischen Reha-Klinik. Er wurde in Zusammenarbeit mit Ergotherapeuten entwickelt. Mit Patienten und Arbeitgebern wird ein genaues Bild von Arbeitsabläufen und Anforderungen zusammengestellt und dementsprechend der Trainingsplan angepasst.
Eine Stunde lang täglich wird dann entsprechend trainiert. Erst einfache Bewegungen und Belastungen, dann zunehmend die koordinierten Arbeiten. Das Ziel ist freilich, die Patienten optimal auf den Wiedereinstieg in den Beruf vorzubereiten. Sollte das aufgrund zu schwerer Verletzungen nicht möglich sein, kann hier getestet werden, was alternativ möglich ist. Chefarzt Dr. Daniel Bücheler: Wir führen Patienten nach ihren schweren Verletzungen langsam an ihren Berufsalltag heran.
Mit dem Workpark schließen wir die Lücke zwischen der medizinischen Rehabilitation und den Anforderungen der realen Arbeitswelt.“ Ergotherapeut Ralph Hermsen ist besonders stolz auf die konsequente Orientierung an der Arbeitswelt und den geforderten Bewegungsabläufen.
An der Wand stehen Metallregale mit Einschubfächern, daran können etwa Bäckereimitarbeiter testen, ob sie die Bleche noch aus derm obersten Fach stemmen können. Der „Schwebebalken“ am Boden hilft dem Dachdecker, Balancieren ohne Gefahr zu üben. Denn auch die Psyche leidet bei schweren Unfällen. Und auch die kann hier beim langsamen Wiedereinstieg trainiert werden.