Gelsenkirchen. Das Gesundheitszentrum Medicos auf Schalke hatte seinem leitenden Mediziner gekündigt. Die Kündigung ist unwirksam, stellte jetzt das Landesarbeitsgericht in Hamm fest.

Die außerordentliche Kündigung des Mediziners Dr. Meinald Settner durch Medicos auf Schalke im Januar 2011 war nicht rechtens (wir berichteten). Das entschied gestern in der Berufungsverhandlung das Landesarbeitsgericht Hamm. Es hob damit das Teilurteil des Arbeitsgerichts Gelsenkirchen auf, das die Kündigung durch den Arbeitgeber für gerechtfertigt gehalten hatte. Das 60 Seiten dicke Urteil vom 14. Dezember letzten Jahres ist somit nur noch Makulatur.

Der Grund für die Streitigkeiten lag in einer Tätigkeit Dr. Settners mit zwei weiteren Kollegen von Medicos, die mit ihrer Arbeit in dem Gesundheitszentrum nichts zu tun hatte. Die Geschäftsführung von Medicos hatte einen Vertrag mit Schalke 04 über die mannschaftsärztliche Betreuung der Profikicker abgeschlossen. Dr. Settner, fachärztlicher Leiter der beruflichen Rehabilitation bei Medicos, kümmerte sich somit auch um die malträtierten Gelenke und die verhärtete Muskulatur der Profis. Der Mediziner ist ein auch vom Arbeitgeber anerkannter und angesehener Fachmann.

Doch seine ärztlichen Künste schienen von dem Tag kein Thema mehr zu sein, als die Diskussion um die Honorierung der Arbeit auf der Schalke-Bank einsetzte. 204000 Euro hatte Schalke an Medicos für ausschließlich medizinische Leistungen gezahlt. 90000 Euro forderten Dr. Settner und zwei weitere Kollegen insgesamt für ihre zahlreichen Einsätze bei Heim- und Auswärtsspielen. Medicos bot den Medizinern zunächst 40000, dann 60000 und schließlich 72000 Euro an Der Streit eskalierte. Als der damalige Trainer Felix Magath erfuhr, dass die drei Ärzte noch kein Geld von Medicos gesehen hatten, kündigte er den Vertrag Ende 2010, wollte aber die Dienste bis 28. Februar noch in Anspruch nehmen. Die Mediziner, deren Arbeit er sehr schätzte, wollte er weiter auf der Bank sehen.

Streit eskalierte

Der Streit eskalierte bei einem „good will-“Gespräch am 19. Januar in der Schalker Geschäftsstelle über eine weitere Zusammenarbeit. Ein Bevollmächtigter Dr. Settners hatte erklärt, dass der Mediziner die Betreuung der Mannschaft über den 28. Februar hinaus im eigenen Namen sicherstellen werde. Noch am selben Tag überbrachte ein Bote Settner die Kündigung.

Während das Gelsenkirchener Arbeitsgericht die außerordentliche Kündigung wegen „Wettbewerbsverstoßes“ für gerechtfertigt hielt, sah die Kammer beim Landesarbeitsgericht ein Versäumnis bei Medicos. Der Arbeitgeber hätte dem Mediziner zunächst in einer Abmahnung verdeutlichen müssen, welche rechtlichen Konsequenzen er zu erwarten hätte, sollte er in eigenem Namen die Profis betreuen.

Für Medicos entpuppte sich die vermeintliche Taktik, einem Vergleich nicht zuzustimmen, als Bumerang. Dr. Settner hätte auf Vergütungen für seine Einsätze bei den Kickern und auf einen Teil privater Liquidierungen verzichtet. Doch selbst auf einen Betrag von 20000 Euro wollte sich Medicos nicht einlassen. Sie wollten keinen Cent zahlen und im Gegenzug auf eine Schadensersatzforderung von 280000 Euro verzichten. Die sei durch die Vertragskündigung von Schalke 04 entstanden. Verantwortlich für das Aus bei Schalke machte Medicos die Mediziner um Dr. Settner.

Keinen Erfolg hatte Dr. Settner mit seinem Antrag, das Arbeitsverhältnis aufzulösen. Der Mediziner hatte nach der außerordentlichen Kündigung durch den Arbeitgeber selbst zum 23. Februar gekündigt. Sein Argument: Es sei ihm nicht zuzumuten, mit dem Arbeitgeber weiter zusammenzuarbeiten. Das Gericht wies den Antrag zurück. Schließlich hätten beide Seiten kräftig für ihre Positionen bei den Verhandlungen über Zusatzvereinbarungen im Anstellungsvertrag gefochten.

Um jeden Zentimeter gekämpft

Um jeden Zentimeter Boden hatten die Anwälte der beiden Parteien ein Jahr lang auch vor Gericht gekämpft. Die Härte hatte auch Dr. Holger Schrade, Kammervorsitzender in Hamm nach Studium der Aktenberge überrascht. Seine Eindrücke über das Klima zwischen den streitenden Parteien: Es sei sehr schwer nachzuvollziehen, dass solch ein Arbeitsverhältnis in die Brüche gehen konnte.

Der nächste Termin am Gelsenkirchener Arbeitsgericht ist garantiert. Da die Kündigung unwirksam ist, wird Dr. Settner eine neue Rechnung aufmachen. Er pocht nicht nur auf Zahlung des Restgehaltes bis zum 23. Februar, Abgeltung von Urlaubsanspruch oder auf Zahlung der Erlöse aus Privatliquidation. Bis zum heutigen Tag hat er noch keinen Cent dafür gesehen, die Schalker Profis gesundheitlich auf Trab gebracht und gehalten zu haben.