Gelsenkirchen. Das Thema ist nicht neu, was es schlimmer macht: Auch in diesem Jahr gehört die Kurt-Schumacher-Straße in Gelsenkirchen in punkto Feinstaubbelastung zu den herausragenden Messpunkten im Land. An 47 Tagen sind die vorgeschriebenen Werte bereits überschritten worden - erlaubt sind maximal 35.
Bis zum 23. August meldete das Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz NRW (Lanuv) 47 Überschreitungstage an „der“ Nord-Süd-Achse Gelsenkirchens. Da ist es kein Trost, dass der Spitzenreiter dieser Negativliste die Recklinghausen Straße in der Nachbarstadt Herne ist (56 Überschreitungen).
Schlagzeilenträchtig
Im November 2011 wurde die Belastung zuletzt schlagzeilenträchtig. Damals war es eine ungewohnte Wetterlage, die die Tagesmessungen in die Höhe trieb, eine sogenannte Inversion: Eine kalte Luftschicht ist am Boden, eine warme deckelt sie und hält bei wenig bis null Wind die Schadstoffe unten.
Davon aber sind wir derzeit weit entfernt. Nun kann man nach Entschuldigungen suchen: Die Baustelle etwa an der Schalker Meile, da ist viel Staub in der Luft. Rückstau durch die Ampelanlagen und die Umleitung. Der Fakt aber verändert sich nicht: Seit dem 1. Januar 2005 gibt es europaweit Grenzwerte für Feinstaub: Für Feinstaub der Korngröße kleiner als 10 Mikrometer (PM-particulate matter-10) gilt ein Jahresmittelwert von 40 Mikrogramm pro Kubikmeter Luft (μg/m3) und ein Tagesmittelwert von 50 μg/m3. Der Tagesmittelwert von 50 μg/m3 darf nur an 35 Tagen pro Kalenderjahr überschritten werden.
Wesentlicher Faktor: Straßenverkehr
Derzeit sind 47 Tage gezählt, also bereits zwölf zu viel. Und das Jahr ist noch lang. Fatalistisch könnte man meinen: Ja nun, dann ist halt mal dicke Luft. Das aber hieße, die Augen vor einem echten Problem zu verschließen. „Dem Feinstaub in der Luft wird in Bezug auf die gesundheitlichen Auswirkungen eine große Relevanz beigemessen. Eine wesentliche Feinstaubquelle stellt der motorisierte Straßenverkehr dar, welcher gleichzeitig hauptverantwortlich für die Entstehung der gesundheitlich bedeutsamen Stickstoffoxide und Benzol in der Luft ist.“
Das steht so auf der Homepage der Stadt Gelsenkirchen zu lesen. Und: „Gesundheitsgefährdend wirkt Feinstaub, weil er inhalierbar ist und teilweise, besonders die feinsten Partikel, bis in die Bronchien und sogar bis in die Lungenbläschen gelangen kann.“ Die Einrichtung von Umweltzonen dienen der Begrenzung und kommen nicht von ungefähr.
Massive Auswirkungen
Die gesundheitlichen Auswirkungen durch Feinstaub lesen sich dramatisch: schlechtere Lungenfunktion und Atemwegssymptome wie Husten; erhöhter Medikamentenbedarf bei Asthmatikern; vermehrte Krankenhausaufnahmen wegen Atemwegserkrankungen und Herz-Kreislauf-Problemen; Zunahme der Sterblichkeit wegen Atemwegserkrankungen und Herz-Kreislauf-Problemen.
Ende 2011, das Thema wurde u.a. im Verkehrsausschuss behandelt, gab die Verwaltung ein Gutachten in Auftrag, um festzustellen, wie ihre Handlungsmöglichkeiten zur Verbesserung der Situation an der Kurt-Schumacher-Straße dargestellt werden können.
Am Donnerstag sagte Stadtsprecher Martin Schulmann: „Das Gutachten zum Thema Belastung durch den Straßenverkehr liegt in Teilen vor und wird demnächst als Vorlage mit Handlungsempfehlungen dem Ausschuss vorgelegt.“ Außerdem habe es eine Überprüfung der anliegenden Betriebe durch die Bezirksregierung und des städtischen Umweltamtes gegeben. Das Ergebnis: Es wurden keine besonderen Feinstaubquellen gefunden.