Gelsenkirchen.
Wer an Napoleon, Sherlock Holmes oder Altkanzler Helmut Schmidt denkt, hat sofort auch die Hüte dieser Männer vor Augen. Und dabei ist die Kopfbedeckung oft nicht einfach nur Zierde, sondern hat auch ganz praktische Seiten. Schützt sie doch das (in manchen Fällen karge) Haupthaar im Winter vor Kälte und im Sommer vor zu starker Sonneneinstrahlung. Hut tut gut, könnte man da sagen – und wäre damit genau richtig in den Händen von Elsbeth Sagenschneider (53), die seit 2009 Eigentümerin des alteingesessenen Hut- und Schirmgeschäftes „Hirnstein“ an der Ahstraße ist.
„Im nächsten März wird unser Geschäft 100 Jahre alt“, sagt Sagenschneider gleich zur Begrüßung stolz. 1913 vom Kürschnermeister Adolf Hirnstein am Alten Markt eröffnet, wurden zunächst hauptsächlich Tierfelle, Tierhaarprodukte und Pelze verkauft. Hüte waren damals nur ein Nebengeschäft, bis Adolf Hirnstein damit in Gelsenkirchen eine Marktlücke entdeckte – und schloss.
Mehrfach umgezogen
Im Verlauf der Jahre zog das Geschäft mehrfach um, unter anderem zur Bahnhofstraße, später zur Ah-straße, wo es heute an der Hausnummer 10 zu finden ist. „Früher gehörte es zum guten Ton, bei bestimmten Anlässen, etwa sonntags in der Kirche, einen Hut zu tragen. Das galt sowohl für Männer als auch für Frauen. Erst in den 1970er Jahren gab es dann einen Knick, und plötzlich trug man hierzulande einfach weniger Hut. Erst jetzt kommt er wieder so langsam in Mode“, erklärt Elsbeth Sagenschneider, die eigentlich staatlich geprüfte Altenpflegerin ist und zu diesem Hutgeschäft eher zufällig kam.
„Mich hat das aber sofort fasziniert. Und als eine Bekannte mich darauf ansprach, ob ich das Geschäft nicht übernehmen möchte, habe ich das einfach gemacht“, verrät sie lachend. Das war im April 2009, seitdem berät Elsbeth Sagenschneider im Wechsel mit ihrer Mitarbeiterin Margret Laskowski ihre Kundschaft in der Altstadt, damit diese wohlbehütet das Ladenlokal verlässt. „Es passt ja nicht jede Hutform zu jedem Gesicht. Deshalb ist es wichtig, dass wir den Kunden bei der Auswahl helfen können. Im Laufe der Jahre lernt man auch, den Kopfumfang eines Kunden auf den ersten Blick ganz gut einzuschätzen“, sagt sie.
„Einen Hut muss man anprobieren, deshalb ist es auch schwierig, so etwas im Internet zu kaufen“, fügt sie dann hinzu. Trotzdem haben es die Hutgeschäfte hierzulande nicht leicht. „Erst kürzlich haben ganz ähnliche Fachgeschäfte in Essen und Bochum aufgegeben, deshalb hat sich unser Kundenkreis hier erweitert. Im Umkreis von 50 Kilometern sind wir jetzt das einzige Fachgeschäft dieser Art“, sagt Elsbeth Sagenschneider, die betont, dass sie neben den Hüten auch hochwertige Schirme, Damen- und Herren-Oberbekleidung und Nachtwäsche im Angebot hat.
Sortiment ändert sicher
„Das Sortiment hat sich im Laufe der Jahre immer wieder gewandelt. Meine Vorgängerin Annemarie Babel hat die Oberbekleidung mit dazu genommen, ich verkaufe zudem Nachtwäsche, weil ich gemerkt habe, dass vor allem die Nachfrage bei der älteren Kundschaft da ist. Hier muss man sich nichts vom Wühltisch suchen und kann ganz in Ruhe anprobieren. Das schätzen die Leute“, sagt die Ladeninhaberin und gibt damit einen Hinweis auf ihren Standortvorteil.
Auch bei der Auswahl des richtigen Schirms ist sie gerne behilflich: „Wer seinen Schirm auch als Stütze benutzen will, der muss sich einen handgearbeiteten Stützschirm mit Fritzgriff kaufen, denn die normalen Stockschirme geben zu viel nach“, weiß die Dame vom Fach. „Wir haben den Vorteil, dass wir die Schirme auch zur Reparatur einschicken können“, erklärt sie dann. Diesen Service bieten Euroläden und Discounter nicht.