Hattingen..
Kleider machen Leute, Hüte machen Erscheinungen. Was wäre Napoleon in unserer Erinnerung heute ohne den Zweispitz, Charlie Chaplin ohne die Melone, Martin Luther ohne sein Barett, Albert Schweitzer ohne den Tropenhelm oder ein Schlumpf ohne weiße Mütze? Hüte sind stoffgewordene Symbolträger, Erkennungszeichen, Identifikationsmittel. Und wer sich ihrer Bedeutung bislang nicht so richtig bewusst war, der wird in einer Doppelausstellung von Stadtmuseum Hattingen und dem LWL-Industriemuseum Henrichshütte nun auf der Hut sein: Knapp vier Monate lang ist Hattingen so etwas wie das Ascot des Ruhrgebiets und zeigt „Alles Kopfsache“.
Hüte, Kappen, Helme, Mützen, Zylinder, Hauben, Melonen, Tücher, Turbane und Baretts. Die ganze Bandbreite des Themas füllt hier Vitrinen, Stellwände, Fotoabzüge. Beginnt bei den Lorbeerkränzen der alten Römer und führt uns über die Kegelhauben mittelalterlicher Burgfräulein und die Jakobiner-Mützen der französischen Revolution bis hin zu Bismarcks Pickelhaube und Jan Ullrichs Fahrradhelm.
Hüte standen für Mode, Hüte standen für Politik, Hüte standen für Fortschritt, heute stehen sie vor allem für eine niedergehende Branche. Viele wollen zwar den Hut aufhaben, aber kaum einer trägt ihn mehr. Erst als Königin Beatrix ihre Voliere unlängst für den Staatsbesuch in Deutschland rupfte, konnten wir auch Ministerpräsidentin Hannelore Kraft mal behütet sehen. Ihr Modell ähnelte dabei dem roten Kapotthütchen von Inge Meysel, das aus dem Bonner Haus der Geschichte nach Hattingen entliehen wurde, offenbar stellvertretend für den „Mütter der Nation“-Look.
Beuys mit Filzhut, Pan Tau mit Melone
Wie gut der Hut als Markenzeichen funktioniert, wird in der Henrichshütte vielfach belegt. Zu Joseph Beuys gehört nun mal der Filzhut, zu Pan Tau die Melone, zu Humphrey Bogart der Borsalino, zu John Wayne der Cowboyhut. Und wie’s bei Udo Lindenberg unter der Hutkrempe aussieht, wollen wir uns gar nicht erst vorstellen. Dabei kommt der Lindenberg ja nicht mal aus dem schönen Allgäu-Örtchen Lindenberg, wo man Jahr für Jahr im Mai den Hut-Tag begeht und sogar ein Hut-Museum betreibt.
Wie viel Kulturgeschichte in Kopfbedeckungen aus Wolle, Filz oder Metall steckt, davon zeugen nicht nur Promiköpfe. Hüte waren ein Stück Arbeitsalltag. Die Schirmmütze gehört im 20. Jahrhunderts zur Uniform von Schaffnern und Postbeamten. Die Schiebermütze, nach dem Vorarbeiter, dem „Schieber“ benannt, macht in den 1930ern von Berlin aus Werks-Karriere. Und bekommt bald harte Konkurrenz. „Dem Kopf zum Putz - Dem Mann zum Schutz“, heißt es in den 50ern im Ruhrgebiet. Der brandgefährliche „Speckdeckel", ein im Wasser getränkter und lang gezogener Filzhut, wird endlich vom Schutzhelm abgelöst. Für Königin Elisabeth wird er zum Besuch der Mannesmann Hüttenwerke in Duisburg sogar vergoldet, wie man nun in der Henrichshütte sieht.
In England haben sie ja ohnehin eine Schwäche für den Kopfputz. Edward VII. macht bei seinem Staatsbesuch in Bad Homburg aus einem schnöden Hut den „Homburger“. Auf Konrad Adenauers Kopf ist er Markenzeichen. Aber auch ein alter Hut – in den 60ern geraten Kopfbedeckungen zum Symbol von Spießertum. Wer zieht fortan noch den Hut zum Gruß oder gar vor jemandem?
Und ein Sozialistenhut
Hattingen hat den Hut auf
Und so, wie wir obenrum blank gezogen haben, irritiert uns heute der Hang zur Haube. Thilo Sarrazin schreibt nun wenig freundlich über „Kopftuchmädchen“, während die Genossen in Lindenberg den „Sozialistenhut“ inzwischen als Auszeichnung verleihen. Den letzte ging übrigens nach Berlin-Neukölln. An Bezirksbürgermeister Buschkowsky.