Gelsenkirchen. . Neun Autoren aus der Region lasen bei der „Nacht der Autoren“ aus ihren Werken. Dass das Ruhrgebiet sich auch als Literaturlandschaft nicht verstecken muss, zeigte sich dabei einmal mehr.
Auf der literarischen Landkarte wird das Ruhrgebiet noch immer häufig übersehen. Obwohl sich die Region längst nicht mehr hinter anderen Kulturlandschaften verstecken muss, das Image der reinen Malocher-Region und der grauen, kulturfreien Zone immer mehr verschwindet. Dabei gibt es in der Metropole Ruhr nicht zuletzt viele aktive Autoren, die immer wieder spannende und kreative Geschichten hervorbringen. Welch literarische Vielfalt im „Pott“ zu finden ist, beweist alljährlich die „Nacht der Autoren“. Ihr fünfjähriges Jubiläum feierte die Veranstaltung am Samstag im Kulturzentrum „Spunk“. Sowohl historische Romane als auch Lyrik, Krimis und lustige Kurzgeschichten wurden bei der Lesung präsentiert. Neun Autoren stellten jeweils 15 Minuten lang Auszüge aus ihren Werken vor.
Newcomer und etablierte Autoren
„Für Besucher ist die Veranstaltung interessant, weil hier sowohl Newcomer als auch erfahrene Autoren vertreten sind“, sagt Jenny Canales vom Atelier „Kunst in der City“, die jedes Jahr zusammen mit Frank Bruns vom Kulturzentrum Fünte in Mülheim an der Ruhr die Lesungen organisiert. Dabei finden die Veranstaltungen abwechselnd in Mülheim und Gelsenkirchen statt. Auch die Mischung der verschiedenen Genres sei etwas Besonderes. „Es geht außerdem darum, Autoren zu fördern und dem Nachwuchs eine Möglichkeit zu geben, sich vorzustellen“, führt Frank Bruns aus. Er eröffnete den Abend auch, und zwar mit einem Ausschnitt aus dem dritten Band seines historischen Romans „Genevier – Die Geschichte einer faszinierenden Frau“. „Eigentlich ist es die historisch richtige Fortsetzung der Nebel von Avalon“, erklärt der Autor und legt direkt los.
„Aufforderung zum Löffel abgeben“
Schon nach wenigen Sekunden macht sich Stille im Spunk breit. Gebannt lauschen die Besucher seinen Worten. Geschichtlich geht es schließlich weiter: Ina Tomec liest im Anschluss aus ihrem Buch „Ayleva – Die Reise im Licht des Nebels“, in dem eine junge Frau ungewollt ins Jahr 1224 reist. „Nun lass‘ ich den armen Erzbischof ermorden. Gott hab ihn selig“, warnt Tomec, bevor die Zuhörer erfahren, wie ihre Hauptfigur Zeugin des Mordes an Engelbert I. wird.
Lustig wurde es dann mit drei überaus satirischen Kurzgeschichten des Duisburger Autors Raniero Spahn, der unter anderem eine Story aus „Aufforderung zum Löffelabgeben“ präsentierte und das Publikum lauthals zum Lachen brachte. Wesentlich blutiger ging es dann in Alexander Penteks Revierkrimi „Ares“ zu. Direkt am Anfang geschieht ein Mord in einer Gelsenkirchener U-Bahn-Station – ausgerechnet am Tag eines Schalke-Spiels. Dabei machten schon die ersten Seiten neugierig auf die Fortsetzung der bis dahin spannenden Geschichte.
Nach einer kurzen Pause war Harry Michael Liedtke an der Reihe, der mit viel Leidenschaft und sichtlichem Spaß eine humorvolle Geschichte aus dem Tierschutz-Charity-Projekt „Krimis mit Fell und Schnauze“ über die Begegnung eines Polizeiobermeisters mit einem „Sommerloch-Krokodil“ vortrug. „Bei einer Lesung in Köln habe ich dem Publikum mal die Pointe vorenthalten und bin fast gelyncht worden. Seitdem lese ich immer den Schluss vor“, verriet Liedtke und hatte auch am Ende die Lacher auf seiner Seite. „Bis hierhin habe ich gut gelacht – jetzt kommt Lyrik“, sagte Inge Fleischer als sie auf der Bühne Platz nahm. Mit ihren wunderschönen Gedichten, in denen es überwiegend um Naturimpressionen geht, zog sie die Zuhörer in ihren Bann. Im Anschluss präsentierte Angelika Moritz die Geschichte einer misslungenen „Fahrstunde“.
Dietmar Ostwald verzichtete aus gesundheitlichen Gründen darauf, wie geplant aus seinem Werk„Aktion Kornblume“ vorzulesen. Er trug stattdessen das Gedicht „Krieg“ vor – und stimmte das Publikum damit nachdenklich.
Aberwitzige Kurzgeschichten
Ihm folgte Jenny Canales mit ausdrucksstarken und emotionalen Liebesgedichten, die das Publikum faszinierten. Als Zugabe präsentierte Raniero Spahn noch eine aberwitzige Kurzgeschichte, so dass der Abend lustig ausklingen konnte.
Obwohl zwei Autoren kurzfristig absagten und der Programmplan spontan umgestellt werden musste, spiegelte die Veranstaltung die Vielfalt der Ruhrgebietsliteratur. Leider fanden am Samstag, anders als sonst, nur wenige Besucher den Weg ins Spunk. Bei den Anwesenden machte die Veranstaltung aber definitiv Lust auf mehr Literatur.