Gelsenkirchen. Bei einer szenischen Lesung präsentierten namhafte Schauspieler im Consol Theater Texte des zweiten Ruhrgebiets-Literaturwettbewerbs.
„Ich liebe mein Revier.“ Mit diesen ausdrucksstarken Worten aus dem gleichnamigen Text von Hendrik Denkhaus beginnt der Abend im Consol Theater. „Wer das sagt, der meint das natürlich nicht so, der meint eigentlich: Ich habe zu viel Angst, um von hier fortzugehen. Gleichzeitig habe ich zu viel Angst, um hier zu bleiben.“ Aufmerksam lauschen die Besucher der Stimme von Uwe Frisch, der diesen Text vorträgt. Manche nicken sogar zustimmend.
Im Rahmen der Reihe „Geschichten auf Consol“ wird dem Publikum eine szenische Lesung mit verschiedenen Texten aus dem zweiten Ruhrgebiets-Literaturwettbewerb präsentiert. Mit großer Hingabe lesen an diesem Abend die Schauspieler Maja Beckmann (Schauspielhaus Bochum), Dorothee Föllmer und Nils Beckmann (beide vom Theater Kohlenpott) sowie Uwe Frisch (KOM’MA Theater Duisburg), der zudem auch die musikalische Begleitung übernimmt, ausgewählte Werke vor. Till Beckmann, Schauspieler und Germanistik-Student, rief den Wettbewerb 2009 ins Leben, um jungen Nachwuchstalenten oder bereits bekannten Autoren eine Plattform zu bieten. Mit Unterstützung des Klartext Verlages wurde im vergangenen Jahr ein zweiter Aufruf gestartet. 165 Teilnehmer reichten ihre Texte zum Thema „Leb im Ballungsgebiet, das an Druckstellen wie Fallobst aussieht“ ein. 26 Einsendungen sind nun in der Anthologie „Druckstellen“ veröffentlicht worden.
Der Förderturm als Inspiration
Eine namhafte Lesemannschaft zieht zurzeit quer durchs Ruhrgebiet, um Texte daraus zu präsentieren. So erwartete die Besucher in der Kellerbar ein vielschichtiges Bild des Ruhrgebiets mit humorvollen und spannenden Geschichten, aber auch kritischen Tönen. Häufig geht es um die Frage, wie es sich im Revier lebt, warum wir hier wohnen oder was Menschen von der Zukunft erwarten.
Auch der Alltag von Familien mit Migrationshintergrund und die Suche nach der eigenen Identität spielen in vielen Texten eine Rolle. „Das Rad“ von Esra Canpalat gibt beispielsweise einen Einblick in das Leben einer türkischstämmigen Familie, dessen Vater einst unter Tage arbeitete. Der Förderturm in der Nachbarschaft erinnert an diese Zeit.
Charmant und ausdrucksstark
Präsentiert wurden im Consol Theater außerdem Ivette Vivien Kunkels „Kopya.Kopie“, „Bildnis der Elemente“ von Jasminka Mesic sowie die preisgekrönten Gedichte „die stimme im käfig, das licht in der grube“ (Michael Spyra) und „EinLeuchtendes“ (Selin Gerlek). Zum Schluss wurde der zweitplatzierte Text des Wettbewerbs mit dem Titel „Student Samson F. in Dortmund-Nord im Monat Juni des vergangenen Jahres“ vorgetragen. Der Autor Artur Krutsch gibt hier einen realen Einblick in die Gedanken eines jungen Mannes und beschreibt prägnante Momentaufnahmen, in denen sich jeder Leser wieder finden kann.
Erzähltage auf Consol
Ergänzt wurde die Lesung von den „Bucheckern“ des Consol Theaters, die drei weitere Gedichte vortrugen. Die Gruppe liest seit zwei Jahren nach professionellem Vorlesetraining an verschiedenen Orten. Die sieben Damen trugen die Texte so charmant und ausdrucksstark vor, dass Till Beckmann sie gleich auf die weitere Lesetour mitnehmen wollte. Als Finale gab’s eine Gesprächsrunde mit den Autorinnen Esra Canpalat und Jasminka Mesic sowie Jurymitglied Georg Kentrup und Kathrin Butt vom Klartext Verlag.