Gelsenkirchen. Disco-Betreiber sehen sich und das ohnehin schon schwache Gelsenkirchener Nachtleben durch die Gema-Tarifreform ab 2013 vom Aussterben bedroht.

Es ist kurz vor zwölf. Zumindest, wenn Markus Liptow, Christian Wieczorek und Oliver Nickel auf ihre Disco-Uhr schauen. Seit die Gema (Gesellschaft für musikalische Aufführungs- und mechanische Vervielfältigungsrechte) bekanntgegeben hat, ab Januar 2013 die entsprechenden Gebühren anzuheben, fürchten der Geschäftsführer des V-Danceclubs, der Geschäftsführer der Alten Hütte und der Teilhaber der Alten Hütte (und Inhaber der Marler Veranstaltungsagentur XXL Eventmarketing) um ihre berufliche Existenz.

Statt wie bisher elf Tarifen sollen künftig nur noch zwei gelten, je nachdem, ob auf einer Veranstaltung Live-Musik gespielt wird oder eine sogenannte Tonträgerwiedergabe stattfindet. Für die Berechnung sind nur noch zwei Angaben ausschlaggebend: die Höhe des Eintrittsgeldes und die Größe der Veranstaltung. Die Gema multipliziert diese beiden Faktoren und berechnet 10 Prozent. Für eintrittsfreie Veranstaltungen auf einer Fläche bis 100 Quadratmeter ergeben sich keine Veränderungen.

Statt 5500 Euro müssen 27.000 Euro bezahlt werden

„Da nutzt die Gema ihre Monopolstellung aus. Das ist von uns nicht zu finanzieren“, sagte Oliver Nickel jetzt während einer Pressekonferenz im V-Danceclub. Christian Wieczorek: „Wir haben in der Alten Hütte 200 Quadratmeter Fläche und nehmen 5 Euro Eintritt. Bislang zahle ich dafür pauschal 5500 Euro Gebühren pro Jahr. Demnächst wären es 27.000 Euro jährlich.“ Und es gebe keine Möglichkeit, das abzufangen. Nickel: „Nur über die Getränkepreise, aber da will man sich eine Sensibilität gegenüber den Gästen bewahren.“ Wie es 2013 weitergehen soll, weiß Wieczorek nicht. Sicher sei aber, dass es zu Einschränkungen komme. „Noch heftiger wird es für den Kollegen Markus Liptow.“

GEMA 2013 lässt Discos zittern

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    Dessen V-Danceclub verfügt über etwa 470 Quadratmeter Fläche. Nach den aktuellen Maßstäben müsse er 15.000 Euro pro Jahr an die Gema entrichten, in Zukunft 1000 Prozent mehr, nämlich ganze 150.000 Euro. „Es gibt nicht ein Beispiel, wo man sagen kann, dass es günstiger wird“, so Liptow. Gema-Sprecher Peter Hempel jedoch sagte Mitte April, dass für 60 Prozent der der Musikveranstaltungen keine höheren Gebühren anfallen oder diese sogar sinken würden.

    Disco-Betreiber hoffen auf Unterstüzung aus Öffentlichkeit und Politik

    Auf WAZ-Anfrage fügte Gaby Schilcher, Fachreferentin für Presse- und Öffentlichkeitsarbeit bei der Gema, hinzu: „Schülerfeste, Studentenpartys, Sommerfeste – diese Veranstaltungen werden entlastet.“ Viel zu lange hätten die Kreativen hinter der Musik zu wenig Geld bekommen. „Jeder Türsteher verdient da ein Mehrfaches. Das kann’s einfach nicht sein“, so Schilcher. Es stimme zwar, dass die Abgaben sich für einige Betreiber vervielfachen werden, aber wenn das Konzept eines Ladens stimme, dann könne von Existenzgefährdung nicht die Rede sein.

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    Die Gelsenkirchener Disco-Betreiber hoffen auf Unterstützung aus der Öffentlichkeit und der Politik. Max Brandt aus der SPD-Ratsfraktion sagte bei der Pressekonferenz zu, das Thema Gema am heutigen Mittwoch im Arbeitskreis Kultur anzusprechen. „Die Kommunen müssten sich überfraktionell dahinter stellen“, sagte Max Brandt. Bundesweit regt sich Widerstand. Eine Online-Petition etwa finden Gegner der Reform unter www.disco-retter.de.