Gelsenkirchen.

„War es eine Hassliebe?“ - Richterin Luise Nünning versucht dem Angeklagten zu helfen, seine offenbar unglückselige Beziehung zu beschreiben.

So ganz mag er nicht zustimmen. Eines ist aktenkundig: In der Nacht des 10. November 2011 verletzt der 41-jährige Gelsenkirchener seine Freundin (35) bei einem Streit in deren Wohnung an der Dorstener Straße mit heftigen, brutalen Faustschlägen ins Gesicht und gegen den Oberkörper so heftig, dass sie sehr schwer verletzt wird. Mehrere Knochenbrüche im Gesicht machen eine Notoperation notwendig. Seit Montag steht der Mann wegen gefährlicher Körperverletzung vor dem Essener Landgericht.

Frisch gewaschene Haare

Die frisch gewaschenen Haare wallen bis über die Schulter des mehrfach Vorbestraften. Er ist auf freiem Fuß. Als er die Tatvorwürfe einräumt, darf er die Untersuchungshaft verlassen. Im Prozess schildert er seine Geschichte. Alkohol sei es einmal mehr gewesen, der die Beziehung gestört und schließlich zerstört habe. „Am Anfang war ich verliebt“ , beschreibt er die Situation, als er vor sechs Jahren seine Freundin in Gelsenkirchen kennenlernt. Er habe sich sehr um ihren Sohn aus einer früheren Beziehung gekümmert, erzählt er. Doch das Verhältnis zur Freundin ändert sich immer mehr. Immer öfter habe es Streit gegeben, sagt er. Wegen des Alkohols. Vor allem, weil sie ständig versucht habe, die tatsächlichen Mengen, die sie zu sich genommen habe, vor ihm zu verheimlichen.

Morgens beim Frühstück habe sie mit Bier angefangen, erzählt der 41-Jährige. „Vier Flaschen Bier am Tag“, sei ihr Spruch gewesen. Nichts als Lügen, ärgert er sich. In Wahrheit habe sie während des ganzen Tages reichlich getrunken auch stärkere Sachen. Mehrmaliger Entzug und auch Therapieversuche hätten nicht geholfen. Der Rückfall sei meist nach vierzehn Tagen fällig gewesen. Der Streit endet zunehmend handgreiflich. Auch am Tattag. Nachbarn hören die Schreie des Opfers, rufen die Polizei.

Über seinen eigenen Schnapskonsum spricht er erst später während seiner Aussage und überrascht die Kammer, die davon nicht nichts weiß. Große Mengen Wodka will er während der Tatzeit zu sich genommen haben. Jetzt wird ein Gutachter beauftragt, die Angaben des 41-Jährigen zu überprüfen.