Kirchen-Nutzung - Sie fanden Platz für die Herberge
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Gelsenkirchen. . Von Designer-Outlet bis Gastronomie: Studenten der TU Dortmund stellten für eine Semesterarbeit ihre Konzepte für die leer stehende Auferstehungskirche in der Neustadt vor. Am verlockendsten scheint ein Konzept für eine Herberge mit Gastronomie.
Die Zeichen beginnender Zerstörung sind überdeutlich. Zerschossene Scheiben, fehlende Fallrohre, abgelegter Müll hinter Behelfszäunen. Zuletzt hat es einen fatalen Einbruch gegeben. Die Diebe sägten die Kupferrohre der Heizungsleitungen ab, Wasser floss in den Unterraum.
Das Bild der Auferstehungskirche in der Neustadt hat sich nicht gerade positiv entwickelt, seit die Gemeinde einen Schlussstrich ziehen musste, weil die Auferstehungskirche finanziell nicht mehr tragbar war. Am 5. Mai 2011 wurde das evangelische Gotteshaus an der Josefstraße aufgegeben. Nach gut 100 Kirchenjahren. 14.000 Euro muss die Gemeinde pro Jahr aufbringen, um zumindest den Status quo zu erhalten – also eine leere, zunehmend baufälligere Kirche. Eine Nachfolgenutzung für das Baudenkmal? Fehlanzeige. Zumindest gibt es jetzt frische Ideen: Entwickelt und vorgestellt von 13 Zweitsemestern der Technischen Universität Dortmund im Rahmen eines Praxis-Projekts. Fachgebiet: Raumplanung.
Skatehalle oder Designer-Outlet
Montagabend ist das Kirchenschiff mal wieder leidlich voll. Gut 50 Männer und Frauen kamen, um sich anzuschauen, was da in dieser jugendfrischen Denkfabrik entstanden ist. Pläne werden vorgestellt, Modelle und grobe Rechnungen präsentiert. Je nach Lösung von 680.000 bis 1,1 Mio Euro Investitions-Bedarf gehen die Studenten aus – für eine Veranstaltungssaal, einen Raum für soziale Zwecke, eine Skate- und BMX-Halle, ein Designer-Outlet oder eine Herberge mit Gaststätte. „Wir haben versucht, das zu berechnen“, sagt Leonie Scholz und macht gleich deutlich: „Genaues zu Bau- und Betriebskosten können wir natürlich nicht sagen.“
Ziel sei „die Entwicklung und Umsetzung einer tragfähigen Nachnutzung “, erklären die Studenten. Klar wird auch: Die Anwohner sollen möglichst in die Konzeption eingebunden werden, sie sollen auch den größten Nutzen von dem künftigen Kirchenraum haben. Eine besondere Angebots-Nische zu besetzen, eine unkonventionelle Lösung zu finden, sind die Studenten überzeugt, mache am meisten Sinn. Nur so lasse sich ein Investor locken.
Auferstehungskirche dicht
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„Einen Abriss möchte ich nicht erleben. Das wäre schlimm“
Wie schwer das ist, hat die Gemeinde im letzten Jahr erfahren. Pläne für ein Diakonisches Zentrum hat sie diskutiert, über ein Kolumbarium, eine Urnen-Grabstätte, verhandelt. Doch „alle Ideen sind gescheitert“, angeblich auch wegen des sozio-kulturellen Umfelds, sagt Neustadt-Pfarrer Peter Gräwe. „Kirche“, betont er nochmal, „das ist Heimat, ein geistliches Zuhause. Die haben wir verloren. Das tut weh. Einen Abriss möchte ich nicht erleben. Das wäre schlimm.“
Gräwes Ideal wäre ein Investor, der sagt: „Okay Pastor, wir nehmen dat Ding und fertich.“ Doch ein „weißer Ritter“ ist nicht in Sicht. Hausaufgaben machen, steht stattdessen auf der Agenda.
Eine Verkehrs- und Quartiersanalyse der Neustadt hatten die Studenten ihren Überlegungen vorgeschaltet. Die Quartiersanbindung, so ihr Eindruck, ist gut, die Lage zentral, allerdings haben sie Defizite im Kultur- und Freizeitangebot ausgemacht. Hier setzen die Modelle an. Neues Leben soll einziehen, aber auch Ausstrahlungskraft in den Stadtteil entwickeln.
Slamnation meets Kirche
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„Man kann vieles machen. Letztlich ist das eine Frage des Geldes“
Am Ende des Abends steht fest: Von der Herbergsidee versprechen sich die meisten Besucher die größten Erfolgsaussichten. Gastronomie, einfache Zimmer auf der Empore und im Turm, eine Küche in der alten Sakristei – all das halten die Studenten für realistisch. „Man kann vieles machen. Letztlich ist das eine Frage des Geldes“, stellt Uni-Dozent Frank Schulz fest. Für ihn ist offensichtlich, „dass die Neustadt kein einfaches Quartier ist. Ich weiß nicht, wo der Impuls fehlt“, gesteht er. „Läge es in Berlin, wäre das ein Top-Quartier, ein Geheimtipp.“
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