Gelsenkirchen. . Gregor Schnittger las in der Flora aus seinem Buch über die Revier-Derbys vor. Es wurde ein kurzweiliger, mit Anekdoten angefüllter Abend – zu dem sich sogar bekennende Dortmunder nach Gelsenkirchen wagten.

Wenn zwei BVB-Fans mit ihren schwarz-gelben Schals nach Gelsenkirchen reisen, muss schon etwas Außergewöhnliches geboten werden. „Eines der wichtigsten Spiele Europas“, werden die jungen Gäste aus „Lüdenscheid“ später von Buchautor Gregor Schnittker erfahren. Nicht das Spiel selbst, sondern die Geschichten darüber lockten die neugierigen Fußballfans an.

Zahllose Anekdoten ranken sich um die Mutter aller Derbys, Schnittker hat (fast) alle auf 268 Seiten festgehalten. Jetzt kam der Journalist auf Einladung der Schalker Fan-Initiative zu einer Lesung in die Flora.

Bereits nach fünf Minuten fällt die Dortmund-Fahne neben der Bühne zum ersten mal von der Wand. Das blau-weiße Pendant hält die zweieinhalbstündige Lesung locker durch. Ein Omen für die laufende Saison? Handfest sind dagegen die Geschichten und Fakten, die der WDR-Moderator Gregor Schnittker zusammengetragen hat: „Die Schalker ließen damals gerne mal die Trainingsjacken beim Spiel an. Das war nicht arrogant gemeint, sondern dem sportlichen Unterschied geschuldet.“ Mit „damals“ sind die Kriegsjahre gemeint, der höchste Schalker Derby-Sieg wurde 1940 mit einem 10:0 gefeiert.

Rivalität seit den 60ern

Eine Rivalität entwickelte sich erst in den 60ern, als der BVB sportlich an den Knappen vorbeiziehen konnte. Davor ist die Beziehung von großer Solidarität geprägt. Schnittker: „Der Zusammenhalt im kaputten Ruhrpott war damals groß.“ Die Spieler seien Stolz auf ihre Zugehörigkeit zur Arbeiterklasse gewesen. Nach den Spielen habe man sich nicht selten zum Kartenspielen getroffen.

Schnittker hat für sein Buch Spieler, Fans, Funktionäre und Familienangehörige besucht und interviewt. Zwei davon waren ebenfalls zu einem Gespräch auf der Bühne zu Gast: S04-Abwehrspieler Hermann Erlhoff und Bernd Matzkowski, Sohn des Schalker Meisterspielers Paul Matzkowski. Die beiden hatten einige Schmankerl im Gepäck. So erfuhren die 40 Gäste, dass Paul Matzkowski als Kind seine Geige gegen ein paar Fußballschuhe eingetauscht hat. Hermann Erlhoff berichtete vom kuriosen Derby im September 1969: Nachdem S04-Fans jubelnd den Platz stürmten, wurden sie von Ordnern und Hunden verjagt. Ein Vierbeiner biss dem Schalker Friedel Rausch in den Allerwertesten.

Neben den sozialen Aspekten des Derbys und den historischen Fakten sind es vor allem die Kuriositäten, die die Besucher in der Flora faszinieren: Schalke ist die erste Fußballmannschaft, die sich in das goldene Buch der Stadt Dortmund eingetragen hat (1934 auf der Durchreise nach Gelsenkirchen) und die BVB-Fans standen in der Kampfbahn Rote Erde stets in der Nordkurve.

Das Buch „Revier-Derby: Schalke 04 - Borussia Dortmund: Die Geschichte einer Rivalität“, gibt’s für 28 Euro im Buchhandel.