Gelsenkirchen. . Der seit Jahren lungenkranke Hans-Joachim Schroeder (78) aus Hassel wurde wegen des Verdachts auf Lungenembolie am 19. April ins St. Marien-Hospital Buer überwiesen. Weil er als Träger des Krankenhaus-Virus MRSA ein Risikopatient ist, muss der erkrankte Mann vier Stunden lang auf ein Bett warten. Der dadurch verursachte Panikanfall bescherte ihm ein Bett - auf der Intensivstation.

Eine solche Situation gönnt Gerhard Schroeder seinem ärgsten Feind nicht. Darum macht der 53-Jährige das, was er im St. Marien-Hospital Buer erlebt hat, öffentlich. „Damit es anderen Menschen nicht auch einmal so ergeht.“ Sein nervenzehrendes Erlebnis: Der schwer kranke Vater musste bei der Einweisung ins Krankenhaus über vier Stunden auf ein Bett warten, weil er als Träger des Krankenhaus-Virus MRSA ein Risikopatient ist.

Ohne Umwege ins Krankenhaus

Es war der 19. April, mittags. Der seit Jahren lungenkranke Hans-Joachim Schroeder (78) aus Hassel ist zusammen mit seiner Frau beim Lungenfacharzt. Der befürchtet eine Lungenembolie und eine Thrombose und weist den Mann unverzüglich ins Krankenhaus ein. Schroeder: „Mein Vater wollte noch zu Hause eine Tasche packen, aber der Arzt schickte ihn ohne Umwege ins Krankenhaus.“ Akutfall.

Gegen 13 Uhr erreichte das Ehepaar die Notfallaufnahme im St. Marien-Hospital. Hier bestätigte sich nach einer Erstuntersuchung der schlimme Thromboseverdacht zwar nicht, dennoch sollte der Vater stationär aufgenommen werden. Gerhard Schroeder: „Im letzten November war mein Vater im St. Marien-Hospital positiv auf MRSA-Viren getestet worden. Die Ärztin sagte mir, darum müsse mein Vater in ein Isolierzimmer.“ Jetzt begann das Drama.

"Plötzlich bekam er einen Panikanfall"

Es sei kein Isolierzimmer frei, hieß es. Daraufhin habe die Ärztin über zwei Stunden lang telefonisch versucht, ein Zimmer in 20 bis 30 Kliniken in der näheren und weiteren Umgebung zu finden. Ohne Erfolg! „Mittlerweile“, erinnert sich Schroeder bis heute mit Schrecken, „fühlte ich mich absolut macht- und hilflos. Meine Mutter war fertig, mein Vater seit 11 Uhr unterwegs, inzwischen war es 17 Uhr.“ Und kein Zimmer frei. Auch der 78-Jährige verfolgte die Suche mit zunehmender Sorge: „Es ging ihm immer schlechter, er wurde unruhig. Plötzlich bekam er einen Panikanfall und keine Luft mehr.“ Dafür bekam er jetzt endlich ein Krankenhausbett – auf der Intensivstation. Der Eindruck der Familie: „Erst als es dem Mann richtig schlecht ging, bekam er ein Bett.“ Virus hin oder her.

"Skandalös und nicht hinnehmbar" 

Das St. Marien-Hospital bestätigt den Vorgang weitgehend, betont aber, dass der Patient nicht vital bedroht gewesen sei. Da das Krankenhaus Mitglied im Gelsenkirchener Netzwerk „Gemeinsam gegen MRSA“ sei, werde jeder Patient vor der Aufnahme auf Viren getestet. Sabrina Hasenberg, Sprecherin der St. Augustinus GmbH, zu der das Hospital gehört: „Da bekannt war, dass der Patient MRSA besiedelt war, suchte die behandelnde Ärztin nach Unterbringungsmöglichkeit in einem Einzelzimmer. Aufgrund der hohen Auslastung war die Kapazität erschöpft.“

Die Ärztin habe daraufhin mit knapp 20 Krankenhäusern in der näheren Umgebung telefoniert. Erfolglos. Zur zeitnahen Versorgung sei der Patient dann auf die Intensivstation gebracht worden. Hasenberg bestätigt, dass die Bettenkapazität immer mal ausgeschöpft sein könne. Der betroffene Sohn empfindet die Situation, die er erlebt hat, bis heute „als skandalös und nicht hinnehmbar“. Zum Glück geht es dem Vater inzwischen bereits besser.

Alle Risikopatienten werden isoliert

In Sachen Krankenhaus-Virus hat die Stadt Gelsenkirchen eigentlich die Nase vorn, auch wenn es jetzt im St. Marien-Hospital Buer zu einem Fall kam, bei dem für einen schwer kranken MRSA-Patienten kein Bett zur Verfügung stand.

Der Bedarf ist hoch. Sabrina Hasenberg für das Marien-Hospital in Buer und Ückendorf: „In beiden Häusern zusammen werden durchschnittlich 30 bis 40 Patienten pro Tag wegen übertragbarer Erreger isoliert. Für viele Patienten reicht ein Einzelzimmer als Isolationsmaßnahme aus.“ Generell werden alle Risikopatienten, alle MRSA-Patienten und alle Patienten, die innerhalb des letzten Jahres positiv waren, bei der stationären Krankenhausaufnahme isoliert.

Freiwillige Verpflichtung zum Patientenscreening

Dass es Engpässe bei der Zimmerzahl gibt, ist dem Gesundheitsamt, so die stellv. Leiterin Emilia Liebers, nicht bekannt. Gerhard Schroeder, Sohn eines MRSA-Betroffenen, hört inzwischen anderes, sagt der in der Gladbecker Altenpflege Tätige: „Hinter vorgehaltener Hand sagen viele, dass es bei den Zimmern zunehmend Probleme in ganz Deutschland geben werde.“

Vor über einem Jahr schlossen sich in Gelsenkirchen alle Krankenhäuser zu einem Netzwerk zusammen, um dem Virus den Garaus zu machen. Neben allen Krankenhäusern haben sich hier die niedergelassene Ärzteschaft, die ambulanten Pflegedienste, die stationären Pflegeeinrichtungen, Rettungsdienste und Krankentransportunternehmen und das Hygiene-Institut des Ruhrgebiets angeschlossen.

Alle Krankenhausträger haben sich verpflichtet, ein Patientenscreening durchzuführen. Es gibt inzwischen Erreger, die gegen viele der gängigen Antibiotika resistent sind, dazu gehört besonders „Methicillin-resistente Staphylococcus aureus“ (MRSA).