Gelsenkirchen. Im Wissenschaftspark Gelsenkirchen veranstaltete die FPD am Donnerstag einen Integrationskongress. Kamuran Sezer ist Zukunfts- und Organisationsforscher und spricht im WAZ-Interview über die Wichtigkeit von Integration der Hochqualifizierten.
Seit 2006 beschäftigt sich Kamuran Sezer intensiv mit den Themen Migration und Integration. Dafür gründete der 33-Jährige eigens sein futureorg Institut für angewandte Zukunfts- und Organisationsforschung. Im Rahmen des Integrationskongresses der FDP-Bundestagesfraktion am Donnerstag im Wissenschaftspark sprach er mit WAZ-Mitarbeiter Felix zur Nieden.
Warum ist die Forschung in den Bereichen Migration und Integration für ihr Institut so interessant?
Kamuran Sezer: Unser Job ist es, Unternehmen, Verbände, Politiker und viele weitere mit Informationen zu versorgen. Mit über 200 verschiedenen Methoden versuchen wir so Aussagen zur Zukunft und zu Trends zu machen und helfen den Wissensabnehmern, diese Informationen richtig zu verarbeiten. Heute haben wir über den Fachkräftemangel gesprochen und da ist das Thema Migration und Integration von herausragender Bedeutung. Denn für uns in Deutschland ist es vor allem wichtig, auch die hochqualifizierten Menschen mit Migrationshintergrund zu integrieren, um sie hier zu halten. Wir brauchen sie als Arbeitskräfte.
Wird das Thema Integration also häufig von der falschen Seite betrachtet?
Sezer: Oft ist das so. Aber Hochschulen beginnen, sich immer mehr diesem Thema zu öffnen. Es gibt viele türkisch-stämmige Akademiker, die Abwanderungsgedanken haben. Dieses Potenzial aber einfach ziehen zu lassen, wäre der falsche Weg. Es reicht aber nicht, einfach die Grenzen zu öffnen und dann zu glauben, dass die Fachkräfte ins Land strömen. Wir müssen bessere Strukturen für die Integration in der Mehrheitsgesellschaft schaffen.
Welche Rolle nimmt das Ruhrgebiet ein, wenn es um gelungene Integration geht?
Sezer: Wenn es um Integration geht, wird in diesem Land immer nach Berlin geschaut. Das ist aber falsch. Die größte Migrantengruppe lebt in Nordrhein-Westfalen und da natürlich speziell im Ruhrgebiet. Hier gibt es eine dichte Netzwerkstruktur der Migranten. Hier sind sie schon gut integriert. Ich selbst kann sagen, dass ich mich im Ruhrgebiet sehr wohl fühle, weil ich alle Möglichkeiten habe, meine Identität auszuleben. Ich kann gut bürgerlich deutsch essen gehen, danach ins türkische Theater fahren und danach mit Freunden in einer internationalen Bar etwas trinken gehen. Die Angebote hier sind gut, müssen aber stetig weiter verbessert werden. Ein Indikator für gute Integration sind niedrige Konfliktzahlen. Im Ruhrgebiet gibt es, im Vergleich mit anderen Regionen, nur wenige Konflikte. Das ist auf ein gutes Angebot zurückzuführen. In Baden-Württemberg zum Beispiel kann sich jeder zweite Akademiker mit Migrationshintergrund eine Abwanderung vorstellen, in NRW nur jeder Fünfte.