Gelsenkirchen. . Vor Büfett, Bier und dem Blick in die Produktion gab es kämpferische Ansagen beim Arbeitnehmerempfang der Stadt Gelsenkirchen. Geladen wurde diesmal ins Vaillant-Werk nach Erle.
Es war eine ganz besondere Spätschicht bei Vaillant an der Emscherstraße. Hüben die Mannschaft in der Produktion, in hellgrauer Werkskluft im Einsatz an der Roboter-Strecke, die täglich 350 Geothermie-Kollektoren fertigt. Drüben eine muntere Runde bei Büfett, Bier, Tischgesprächen – und Reden.
Die Stadt veranstaltete ihren Arbeitnehmerempfang am Erler Vaillant-Standort. Traditionell ist das in der Stadt so etwas wie die kollektive und kämpferische Einstimmung auf den 1. Mai mit mehreren hundert Betriebsräten, Gewerkschaftern und Politikern. Und das bedeutet: Erst die Pflicht, dann das Vergnügen, erst die Grundsatzreden, dann das gesellige Tischgespräch. Zugabe am Donnerstag: Eine informative Abendrunde durch die Werkshallen und Einblicke in die Arbeit bei Vaillant, zu der Werkleiter Franz Kleinschnittger die Gäste einlud.
Betriebsfrieden und unternehmerischer Erfolg
Für politischen Klartext waren andere zuständig: Oberbürgermeister Frank Baranowski und Josef Hülsdünker, Vorsitzender der DGB-Region Emscher-Lippe. Ihre Themen: sichere Arbeitsplätze, gerechter Lohn, der Wert der Arbeit und gewerkschaftlichen Engagements. „Die betriebliche Mitbestimmung in Deutschland ist eine Erfolgsgeschichte. Sie hat zum Betriebsfrieden und unternehmerischem Erfolg beigetragen und bleibt so wichtig wie eh und jeh“, betonte Baranowski, dem Vaillant als beredtes Beispiel diente. In gemeinschaftlicher Anstrengung wurde der Betrieb in Gelsenkirchen 2003/2004 gerettet.
Wege aus dem Niedriglohnsektor
„Gesellschaftlicher Reichtum wird immer häufiger der Gesellschaft entzogen. Er kommt nicht recht bei den Arbeitnehmern an, er kommt nicht recht bei der öffentlichen Hand an. Letztlich treffe das diejenigen, die besonders auf kommunale Angebote und öffentliche Leistungen angewiesen sind – „und nicht die Wohlhabenden. Es bleibt dabei“, stellte Baranowski unter Beifall fest; „Nur Reiche können sich einen schwachen Staat leisten.“
Kundgebung zum 1. Mai in Gelsenkirchen
Lohnsteigerungen über der Inflationsrate, gesetzlicher Mindestlohn, Wege aus dem Niedriglohnsektor, gesellschaftliche Teilhabe, eine andere Unternehmensbesteuerung, aber auch die Verteilung von Fördermitteln nach Bedürftigkeit und nicht nach Himmelsrichtung stehen für Hülsdünker und Baranowski auf der Agenda – überfällig sind für sie auskömmliche Löhne. Als „sozialen Skandal“ brandmarkten sie die Situation der „Hartz-IV-Aufstocker.“ Der OB: „Es ist nicht Aufgabe der Kommunen, Löhne zu kompensieren, das ist Aufgabe der Unternehmen. Das kostet uns in Gelsenkirchen pro Jahr 20 Mio Euro.“