Gelsenkirchen. .
Auch mit schmalem finanziellen Polster im Rücken können die Narren der KG Piccolo anspruchsvolle Unterhaltung garantieren. Wie gut, dass die Gesellschaft, die im letzten Jahr ihr 60-Jähriges feierte, aus den eigenen Reihen schöpfen kann. Bei ihrer Galasitzung im Maritim zeigten die Tänzerinnen und Tänzer, dass sich auch reine Amateure dem närrischen Olymp nähern können.
Die Männer der Traditionsgarde beweisen mit ihren Tanzformationen, dass sich hinter dem Karneval die Persiflage auf alles Militärische verbirgt. Der vermeintliche Drill mit ruhenden Säbeln wird mit lockerer musikalischer Begleitung zum heiteren Aufgalopp. Zum Humor der Truppe setzen die Tänzerinnen künstlerische Akzente. Die leicht geführte Handschrift von Maik Heinze, Ex-Tollität der letzten Session, ist überall zu erkennen. Choreographisch überzeugt die Truppe, die sich synchron und mit Leichtigkeit auf dem Parkett bewegt. Die Figuren sitzen perfekt. Der Lehrmeister, in Tanz und Gesang ausgebildet, scheint auch den Nachwuchs anzustecken. Welche Gesellschaft kann schon zwei Solomariechen auf die Bühne schicken. Artistisch, mit der Geschmeidigkeit und Eleganz einer Katze, bewegt sich „Melanie“ auf der Tanzfläche. Das gleiche gilt für „Rebecca“, deren Sprünge und Figuren auch jeden Sportlehrer verzücken würden.
Computer statt Orchester
Computer ersetzen heute die Orchester. So zaubert Dieter Felke als Dirigent am computergesteuerten Regiepult jeden närrisch gewünschten Ton in die Halle. Nebenbei greift er selbst zum Mikro und liefert als Live-Erlebnis Ohrwürmer zum Mitsingen. Wenn er sein künstlerisches Ego noch ein wenig zurückstellen könnte, wirkte er authentischer.
Dass es auch ohne Eitelkeit und Selbstlob geht, zeigen die Moderatoren Andrea Schmitz und Wolfgang Heinberg, die locker durchs Programm führen. Über Episoden ihres Ehelebens und weibliche Tugenden philosophiert „Achnes Kasulke“ als letzte deutschsprachige Reinigungskraft vor der Autobahn. Sie verrät auch, warum Deutschlands Fußballfrauen bei der WM wenig erfolgreich waren. „Welche Frau kann schon drei Wochen lang mit nur einem paar Schuhe auskommen.“
Reichlich Gelegenheit zum mitmachen
Durch die Reihen seiner Untertanen im Saal schreitet das Prinzenpaar Michael II und Martina II, um sie zum gemeinsamen Schlossbau in den Wolken einzuladen. Auf der Bühne geht die Stadtprinzen-Garde ihrer Dauerbeschäftigung nach und tanzt zu Ehren der Tollitäten. Mehrmals täglich sind sie in penibler Beinarbeit unterwegs.
Narren im Saal werden immer dann besonders aktiv, wenn sie mitmachen dürfen. Dazu gibt’s reichlich Gelegenheit, als die Alpenpiraten auf Tour ins deutsche Volksmusikreich gehen. Dass sie in Köln zu Hause sind, zeigen sie mit ihren klassischen Heimatliedern, die trotz aller Heiterkeit auch Wehmut ausdrücken. Und da die Rheinländer die Bühne bereits erobert haben, folgt eine mitternächtliche Überraschung. Auch an der Ruhr in Oberhausen scheint man das kölsche Dreigestirn zu kreieren. Prinz, Bauer und Jungfrau grüßen, singen und lassen tanzen. Dann heißt es zum letzten Mal „Ausmarsch, Klatschmarsch, Büttenmarsch.“ Der Saal gehört nun dem tanzenden Publikum.