Gelsenkirchen.

Melanie Lipinskis Herz schlägt auf dem rechten Fleck – und für Autos.

Die 35-Jährige mit dem herzhaft offenen Lachen hockt in ihren derben Mechaniker-Klamotten im winzigen Büro hinter dem Kassenraum auf dem einzigen Stuhl, der hier Platz zum Sitzen bietet. Ihr zu Füßen lümmelt sich die freundliche Hündin Donna auf der Decke. Echte Arbeiteridylle. Computer, Rechnungen, Telefon, Kaffeemaschine.

Seit Ende 1998 arbeitet die Kfz-Meisterin mit dem kecken Kurzhaarschnitt schon hier, springt zwischen PC, Werkstatt, Zapfsäulen oder der Kasse agil hin und her. Seit Januar vielleicht noch mehr, denn: Sie ist seit Januar auch die Chefin, hat die Bft-Tankstelle mit angeschlossener Kfz-Reparaturwerkstatt an der Rotthauser Straße von ihrem Vater Franz-Josef Lipinski übernommen. Der hat nach 46 Berufsjahren, davon die letzten 13 Jahre als Inhaber des Betriebes, die Verantwortung an seine Tochter übergeben, die „Schrauberin“ aus Leidenschaft.

Auf Motorrad getrimmt

Dabei war Melanie Lipinski als Mädchen noch etwas anders drauf. „Ich wollte früher zum Tierarzt oder was mit Motorrädern machen“, beschreibt sie ihren Einstieg in die damaligen Zukunftsvisionen. Das mit der Arbeit beim Tierarzt hat sich schnell erledigt. Von ihrer Liebe zu Tieren zeugen heute außer Hund Donna allerdings auch noch drei Katzen, die sie zu Hause umschnurren. Ralf Barsdorf hat der jungen Frau dann die Brücke zum Berufswunsch Nummer 2 gebaut – und dem talentierten Zweirad-Fan einen Ausbildungsplatz angeboten.

Als Kfz-Mechaniker-Gesellin mit Schwerpunkt Zweirad kam sie also im Herbst 1998 in Vaters Betrieb. „Dann sollte ich hier zum ersten Mal Bremsen am Kadett einbauen.“ Da lacht sie noch heute über sich selbst. Denn: „Ich habe erst mal Papa gefragt: ,Wie geht das?’ Das war total peinlich, aber ich war ja bis dahin nur auf Motorrad getrimmt.“ Das änderte sich schnell, schon 2001 legte die junge Frau ihre Meisterprüfung im Kfz-Handwerk ab.

Eine große Familie

Apropos: Auf welchem fahrbaren Untersatz fährt die Kfz-Meisterin durch Gelsenkirchen? Sicher auf einer dicken Maschine? „Nein, das hat Mama verboten.“ Wieder lacht die 35-jährige herzhaft – und legt nach: „Aber ich fahre Autorennen, genauer gesagt Slalom.“ Noch eine geerbte Leidenschaft. Schon die Eltern sind Rallyes gefahren. Und ihr Bruder fährt ebenfalls Slalom. Eine rundum Auto-Familie also. Nein, da gibt es eine Ausreißerin. „Meine Nichte ist aus der Art geschlagen. Die reitet.“ Immerhin auch 1 PS.

Familie ist ein Stichwort. „Wir sind hier wie eine große Familie“, sagt die junge Unternehmerin über die Zusammenarbeit des insgesamt zehnköpfigen Teams. „Wir schreien uns auch schon mal an, wir schimpfen, wir diskutieren, aber am Ende des Tages trinken wir zusammen ein Bier.“ Dann hat Melanie Lipinski in aller Regel 12, 13 Stunden auf dem Buckel. Nach einem Tag, der um 6.30 Uhr beginnt.