Gelsenkirchen. . Die aktuellen Zahlen der Bertelsmann-Studie zur Kinderarmut in Deutschland haben Gelsenkirchen noch hinter Berlin mit 40 Prozent zum traurigen Schlusslicht der Statistik gemacht. Sozialpfarrer Dieter Heisig hat das Ohr an der Basis. Heisig setzt vor allem auf Bildung, um Chancengleichheit zu wahren.

Die aktuellen Zahlen der Bertelsmann-Studie zur Kinderarmut in Deutschland haben Gelsenkirchen noch hinter Berlin mit 40 Prozent zum traurigen Schlusslicht der Statistik gemacht. „Was man messbar bekommt, ist aber nur eine Sache.“ Sagt mit Sozialpfarrer Dieter Heisig einer, der die Aufmerksamkeit stets bei den Menschen hat, die am Rande wohligen Wohlstands leben. Es gebe allerdings auch andere problematische Lebensverhältnisse, in denen Kinder aufwachsen würden.

Heisig nennt da als Beispiel Familien, in denen ein Elternteil im Niedriglohnsektor beschäftigt sei, weil es ohne diesen Job hinten und vorne nicht reichen würde. „Meine Sorge ist, dass neben der finanziell prekären Situation die daraus resultierenden Lebensumstände zu erdrücken drohen“, sagt der evangelische Pfarrer. „Das macht die Menschen auf Dauer kaputt.“

„Kinder müssen raus aus ihrer prekären Situation“

Heisig hat das Ohr an der Basis. Was den Gesprächsbedarf der Leute angeht, so könne er, sagt er, jeden Tag eine zweite Schicht einlegen. Auf zwei Dinge müsse dringend geachtet werden. „Die Lebensbedingung der Kinder, die in Armut leben, darf sich nicht verfestigen. Sie müssen raus aus ihrer prekären Situation.“ Zum anderen: „Wir müssen achtsamer sein und höllisch aufpassen, dass unser Mittelstandsfilm nicht übertragen wird.“ Auch er setzt auf Bildung, damit Kinder aus armen Verhältnissen gleiche Chancen in Schule und Erwerbsleben erhalten. „Für eine Stadt wie Gelsenkirchen ist es ganz besonders wichtig, den Bildungsauftrag zu erfüllen“, sagt der Sozialpfarrer, der vor starren Abgrenzungen gesellschaftlicher Schichten warnt und auf die Öffnung von Schulen in den Stadtteilen setzt.

Die Zahlen seien bekannt, „während aber die Bertelsmann-Stiftung wiederholt nur Zahlen auflistet und pauschale Forderungen wiederholt, haben wir längst reagiert.“ Das erklärte Oberbürgermeister Frank Baranowski (SPD) nach der Veröffentlichung der Studie in der vergangenen Woche (WAZ berichtete). Er verwies auf das engmaschige Netz der Betreuung und die vielen kleinen und großen Initiativen zur Förderung aller Kinder von Geburt an.

Auch die Falken beschäftigt das Thema Kinderarmut. Hilfe zur Selbsthilfe biete man in Kooperation mit der Tafel seit Jahren im Stadtteil Beckhausen an, teilt Falken-Sprecherin Annika Eismann mit. Im Ladenlokal „Nebenan“ der Falken würden Kunden Lebensmittel erhalten. „Ziel ist es und soll es auch bleiben, elementare Aufgaben, wie die Versorgung der Kinder mit dem Pausenbrot und Mittagessen, als Aufgabe in der Familie zu lassen“, so Eismann. Die Bedürftigkeit von Menschen sage aber nichts über ihre Motivation aus, sich am gesellschaftlichen Leben zu beteiligen. Dafür bieten die Falken ein vielseitiges Programm an.