Essen/Gelsenkirchen. Ein geistig behinderter 29-Jähriger ist vom Vorwurf, eine Neunjährige in einem Schwimmbad unsittlich berührt zu haben, vor dem Essener Landgericht freigesprochen worden. Am Ende ermahnte Richterin Luise Nünning den Angeklagten, sich von kleinen Mädchen fernzuhalten.
Am Ende ermahnte Richterin Luise Nünning den geistig behinderten Angeklagten, sich von kleinen Mädchen fernzuhalten. Mehr Möglichkeiten hatte sie nicht. Denn die V. Essener Strafkammer sprach den 29-Jährigen vom Vorwurf frei, im Schwimmbad des Gelsenkirchener Sportparadieses eine Neunjährige unsittlich berührt zu haben.
Der Essener leidet an einer mittelschweren Intelligenzminderung. Laut Anklage hatte er am 16. Januar 2010 die Neunjährige auf der Rutsche vorgelassen und war ihr dann schnell gefolgt. Er soll sie noch auf der Rutsche eingeholt und dann zwischen die Beine gefasst haben. Weil die Neunjährige sich wehrte, soll er von weiteren Übergriffen abgesehen haben. Im Becken angekommen, soll er sich zu einem anderen Kind gestellt und dieses ans Gesäß gefasst haben, hieß es in der Anklage.
Weitere Vorwürfe betrafen seinen Arbeitsplatz in einer Essener Behindertenwerkstatt. Gemeinsam mit einem anderen Behinderten soll er dort ausgenutzt haben, dass eine 20-Jährige intellektuell das Niveau eines Vorschulkindes besaß.
Beweislage nicht ausreichend für eine Verurteilung
Ihr fehlt auch die Fähigkeit, eigenverantwortlich über Sexualität zu bestimmen. Der Angeklagte und sein Freund, gegen den ein Verfahren wegen Schuldunfähigkeit eingestellt wurde, sollen die junge Frau in die Herrentoilette gelockt und dort mit ihr sexuell verkehrt haben.
Der Angeklagte, der sich nur mit Gesten artikulieren kann, hatte bestritten. Schon Staatsanwältin Kathi Nothdurft sah die Beweislage als nicht ausreichend für eine Verurteilung an. Die Kammer wertete ebenso. Es sei nicht auszuschließen, dass der Vorfall auf der Rutsche nur ein zufälliges Zusammentreffen war.
Der Klatsch auf den Po, so Richterin Nünning, überschreite die Grenze der „Erheblichkeit“ nicht. „Es war aber nicht in Ordnung, das darf man nicht“, ermahnte die Richterin den Angeklagten. Für die Vorfälle in der Behindertenwerkstatt gab es letztlich keine echten Beweise. Die Richterin sprach von einer Grauzone des Rechts bei Sexualtaten unter Behinderten, weil die Aussagen oft nicht ausreichten. Ihr Fazit: „Man muss sich um ihn kümmern, auf ihn aufpassen.“