Gelsenkirchen. Straßenwärter leben gefährlich. Im fließenden Verkehr müssen sie verlorene Teile von den Autobahnen holen, Baustellen sichern und den Grünschnitt erledigen. Die WAZ war mit auf Tour.
Es ist noch früh am Dienstagmorgen. Von Morgengrauen ist nichts zu sehen und doch haben Markus Nagel und Benjamin Weiffenbach ihren halben Dienst schon geleistet.
Die beiden sind Straßenwärter bei der Autobahnmeisterei Gelsenkirchen – und in Winterdienst-Bereitschaft. Während sich die meisten Autofahrer freuten, dass nicht gekratzt werden musste, hatten die beiden trotzdem allerhand zu tun. Reifglätte auf Brücken musste beseitigt werden. „Unsere Arbeit ist die Sicherheit im Straßenverkehr“, erklärt Nagel. Dabei bringen sich die beiden dafür jeden Tag selbst in Gefahr.
Sicherheit ist wichtig
Ihr Zuständigkeitsbereich ist groß. Auf der A43 von Bochum-Laer bis Recklinghausen-Hochlarmark, auf der A42 von Dortmund-Bodelschwingh bis Duisburg-Neumühl, auf der A52 von Hassel bis zur B224 und auf der A516 von der B223 bis zum Autobahnkreuz Oberhausen. Dazu kommen unzählige Kilometer Bundes- und Landesstraßen. Es gibt immer genug zu tun.
Im Kreuz Castrop-Rauxel muss an diesem Morgen eine Markierung erneuert werden. „Das macht eine Fremdfirma, aber wir müssen die Sicherung übernehmen“, erklärt der 27-jährige Benjamin Weiffenbach. Sicherheit steht immer ganz oben auf der Liste. „Am sichersten wäre es für uns, wenn wir das Kreuz einfach sperren würden, aber das kann man nicht so einfach machen. Es müsste eine Umleitung eingerichtet werden und das mitten im Berufsverkehr“, sagt der 36-jährige Markus Nagel.
Stau ist sicher
Straßenwärter im Einsatz
Der Vater von zwei Kindern ist seit 91 bei der Autobahnmeisterei. Bei ihm sitzt jeder Handgriff. Beim Aufstellen der rot-weiß gestreiften Hütchen ist der Blick zurück über die Schulter automatisiert. „Die interessiert doch gar nicht was wir hier machen. So lange der Verkehr läuft, rasen die auch mit 120 durch die Baustelle“, sagt Nagel und nickt in Richtung Fahrbahn. Sein neun Jahre jüngerer Kollege fügt an: „Manchmal fährt auch ein Lkw-Fahrer an uns vorbei, der liest Zeitung und trinkt Kaffee“. Und so ist die Hoffnung bei ihnen und ihren Kollegen auf einen Stau immer groß. „Dann können wir am besten arbeiten.“
Wie brenzlich der Job werden kann, hat Benjamin Weiffenbach erst vor knapp einem Jahr am eigenen Leib erlebt. Ein Sportwagen-Fahrer raste mit 160 Km/h in den Sicherungs-Anhänger am Ende einer Baustelle und flog mit seinem Gefährt durch die Luft. „Hätten wir nicht den Hänger zur Sicherung, sondern nur einen Mannschaftswagen da stehen gehabt, wäre der Wagen auf uns drauf geflogen“, erinnert er sich.
Nichts passiert
Und während er es sagt, knallt es auf der gegenüberliegenden Fahrbahn. Ein Lkw-Fahrer hat die Ladeklappe seines Schleppers nicht richtig verschlossen. Altpapier fliegt über die Bahn. „Auch das gehört zu unserem Job. Wie oft hört man im Radio von Metallteilen auf der Fahrbahn“, sagt Weiffenbach. Eine der gefährlichsten Aufgaben der Straßenwärter. Dann ist Erfahrung gefragt. Die Lücke im fließenden Verkehr muss groß genug sein.
„Unser Oberwärter hat uns immer eingeimpft: ‘Wer rennt, der fällt und wer fällt, ist tot’. So ein Satz bleibt hängen und man hält sich daran“, erklärt der 27-Jährige. Diesmal haben die beiden Glück. Das Altpapier „verfliegt“. Keiner muss den Gang auf die Bahn wagen. Aber erst im vergangenen Winter saß Weiffenbach bei minus fünf Grad eine halbe Stunde auf dem Mittelstreifen der A42 fest, weil keine ausreichend große Lücke kam.
An diesem Morgen sind es nur einige Lkw, die der Sicherung der Markierungs-Baustelle bedrohlich nahe kommen. Markus Nagel steht an der Einfahrt in den Kreisel und macht auf die Gefahr aufmerksam. Mit den Händen deutet er den Fahrern, langsam zu fahren. Den Mann am Steuer eines Kleintransporters interessiert das nicht. Er telefoniert und schüttelt nur den Kopf. „Leider normal“, sagt Nagel und seine Kopfbewegung gleicht der des Fahrers.
Zum Glück passiert diesmal im Kreuz Castrop-Rauxel nichts. Verlassen wollen sich die Straßenwärter darauf aber nicht. „Eine Lebensversicherung sollte schon jeder von uns haben. Die ist aber teurer als bei Feuerwehrleuten“, erklären die beiden und lachen.