Gelsenkirchen.

Er gilt als Grandseigneur des deutschen Chansons und als genialer Jacques Brel-Interpret. Liedermacher Klaus Hoffmann, der sanfte Sänger mit der Streichelstimme, gastiert am 26. November im Musiktheater im Revier mit seinem aktuellen Programm „Das süße Leben 2“. WAZ-Redakteurin Elisabeth Höving sprach zuvor mit dem 60-jährigen Ausnahmekünstler.

Erst kürzlich waren Hannes Wader, Konstantin Wecker und Reinhard Mey in Gelsenkirchen, jetzt kommt Klaus Hoffmann. Gibt es eine Renaissance der guten alten Liedermacher?

Klaus Hoffmann: Ja, die sehe ich tatsächlich. Wader habe ich früher sehr gemocht. Aber ich bin zehn Jahre jünger als er und einfach anders. Ich war nie so ein politischer Liedermacher und werde das auch nie sein.

Ist das Publikum mit Ihnen gealtert oder sitzen auch junge Zuhörer in den Reihen?

Hoffmann: Doch, die Frauen werden heute wieder deutlich jünger (lacht). Nein, Quatsch. Aber ich merke schon, dass inzwischen auch Männer kommen, die nicht nur mürrisch gucken, weil sie von ihren Frauen mitgeschleppt wurden. Wenn junge Leute heute keine Angst vor alten Inhalten haben, dann kommen sie in die Konzerte. Man erreicht die Menschen schließlich auch, wenn man ihnen keine Dogmen verkauft, sondern Geschichten erzählt. Und das tue ich.

Wie steht es um den Liedermacher-Nachwuchs, kommt da was nach?

Hoffmann: Ich sehe gerade die jungen Musiker aus dem Osten auf einem guten Weg. Zum Beispiel Clueso aus Erfurt. Auch die Hamburger Szene rund um Cicero ist toll, da passiert eine ganze Menge.

„Das süße Leben“ heißt ihr neues Album und so ist auch ihre Tournee übertitelt. Was ist neu daran?

Hoffmann: Nun, ich bin diesmal nicht mit Band, sondern nur mit einem Pianisten unterwegs. In Liedern und Texten erzähle ich Geschichten aus meinem Leben, von meinen Eltern, gehe innerlich raus auf die Straßen. Ich habe 40 Jahre lang das süße Leben der Bühne genossen, das ist ein großes Geschenk. Mit dem Titel ist aber durchaus auch das bittersüße Leben gemeint.

Erinnert der Titel bewusst an Fellinis Film „La dolce vita“?

Hoffmann: Auf jeden Fall, Fellini habe ich sehr verehrt, fast hätte ich ihn sogar mal bei einem Workshop in Rom kennengelernt. Dann habe ich mich doch nicht getraut, hinzugehen.

Wader sang Neues und Bekanntes, Mey vor allem aktuelle Songs. Wie halten Sie’s?

Hoffmann: Im Bob Dylan-Konzert will ich auch „Blowing in the wind“ hören. Das Publikum will auch die Hits und die bekommt es.

Sie sind in diesem Jahr 60 Jahre alt geworden. Freude oder ein Problem damit?

Hoffmann: Ich erkenne jetzt deutlicher, dass ich endlich bin. Zumal mein Vater sehr früh gestorben ist, da war ich erst zehn Jahre alt. Mit 60 erkenne ich aber auch leichter, wie man sich selbst erträgt, wenn man altert. Ich bin mit meiner Biografie versöhnt, dabei hilft auch die Musik. Ich will immer auch einfach unterhalten, und nicht die ganze Welt verändern.

Wie sieht La dolce Vita für Klaus Hoffmann aus?

Hoffmann: Da sage ich eigentlich heute wie damals: Ich will Gesang, will Spiel und Tanz. Das ist es. Und dass ich mein Publikum hab, dass ich von meiner Musik leben kann.

Sie haben auch mal sehr erfolgreich geschauspielert, u.a. im Film „Die Leiden des jungen W.“. Keine Sehnsucht mehr nach Bühne, Leinwand oder Bildschirm?

Hoffmann: Auf jeden Fall, und ich werde auch wieder spielen. Ich habe erst kürzlich das Buch „Philipp und die Frauen“ auf den Markt gebracht, das wird auch als Theaterstück zu sehen sein, in dem ich die Titelrolle spiele. Ansonsten bin ich auch viel mit Lesungen unterwegs. Ich habe ursprünglich Schauspieler gelernt und ich merke zunehmend, die drei gehören zu mir: Schauspieler, Sänger, Erzähler.

Als Erzähler arbeiten Sie gerade an einem neuen Buch.

Hoffmann: Ja, das wird meine Autobiografie. Sie kommt im nächsten Herbst bei Ullstein auf den Markt und wird den Titel „Als wenn es gar nichts wäre“ tragen.

Sie sind mit Reinhard Mey befreundet, waren es auch mit Hildegard Knef.

Hoffmann: Das stimmt. Die Knef, das war ein sehr widersprüchlicher Charakter, sie war zum Schluss ja sehr arm. Sie kommt auch in meinem neuen Buch vor. Die Knef hat schon früh gezeigt, wie man Musik auf Deutsch macht, ihre Texte waren stark, sie hat sogar erträgliche Schlager gesungen.

Sie leben in Berlin, was verbinden Sie mit dem Ruhrgebiet?

Hoffmann: Ich war oft und gerne dort, in Bochum zum Beispiel, aber auch in Gelsenkirchen. Ich bin erstaunt, wie naturbesoffen man im Revier sein kann und ich mag die Charakterfestigkeit der Menschen.