Gelsenkirchen.
„Liebe“ - so lautet Hagen Rethers seit Jahren konstanter Programmtitel. Doch der Schein trügt, denn in seinen Texten zeigt sich der Kabarettist gar nicht so liebevoll.
Im Gegenteil: Scharfzüngig und sarkastisch beschreibt er den Wahnsinn des Alttags und versteht es dabei, der Gesellschaft einen Spiegel vorzuhalten. So ist es nicht verwunderlich, dass Hagen Rether das Publikum im Musiktheater im Revier bei seiner Darbietung nicht nur zum Lachen bringt, sondern nachdenklich stimmt.
Terrorbedrohung und Stasiüberwachung
Auf der spartanischen Bühne steht nur ein Klavier, davor ein Schreibtischstuhl - das ist alles, was Hagen Rether braucht. Er selbst wirkt ein wenig müde, wenn er sich auf seinem Bürostuhl zurücklehnt, hin und wieder den Kopf stützt und anfängt zu plaudern von der Schizophrenie des menschlichen Denkens und Handelns. Er plaudert von unserer Angst vor Terrorbedrohungen und vor Stasiüberwachung, vor Krankheitserregern und vor Zecken. „Wo bleiben die ganzen Anschläge? Haben die Taliban Fachkräftemangel?“, fragt der Kabarettist die knapp 1000 Besucher.
In der Politik bleibt keiner verschont. „Wenn Saddam Hussein ausgepackt hätte, hätte die gesamte Familie Bush auswandern müssen“, so Hagen Rethers zynische Vermutung. Er vergleicht das Wirrwarr rund um das japanische Reaktorunglück mit einem „Hütchenspiel“ und wünscht sich jeden Monat Landtagswahlen, wenn dies der einzige Weg für einen Atomkraftausstieg sei. „Guttenberg musste gehen, weil er gelogen hat. Wenn jetzt alle Politiker gehen, die lügen, wäre der Bundestag leer“, schmunzelt er.
Musikalische Einlage am Konzertflügel
Als Beobachter durchleuchtet er die Welt und wirkt dabei fast resignierend: „Mit 30 Jahren hab ich gemerkt, dass die Realität viel heftiger ist, als jede Verschwörungstheorie.“
Am Ende des etwa dreistündigen Programms liefert der einstige Pianist noch eine musikalische Einlage am Konzertflügel, völlig ohne Licht von Scheinwerfern. Mit den Worten „Seien Sie gut zu ihren Kindern“ verabschiedet sich Hagen Rether vom Publikum.