Gelsenkirchen. . Friederike Tanzeglock ist Geschäftsführerin und Dietlinde Stüben-Endres ist Obermeisterin im Kfz-Innungsbereich Vest mit Sitz in Recklinghausen. Dass sie eine Frau sei, habe nie jemanden gestört, sagt Tanzeglock.

Das Auto ist des Deutschen liebstes Kind. Kaum eine Branche, die mehr vor Testosteron strotzt. Doch im Kfz-Innungsbereich Vest mit Sitz in Recklinghausen haben zwei Frauen aus Gelsenkirchen das Sagen: Friederike Tanzeglock als Geschäftsführerin und Dietlinde Stüben-Endres als Obermeisterin.

Friederike Tanzeglock ist Volljuristin, arbeitete 13 Jahre als Rechtsanwältin in Bo­chum. Eines Tages war es ihr zu viel: „Ich war das ständige Streiten und das Leid anderer zu sehen leid.“ Über ihren Lebensgefährten, einen Karosseriebaumeister, kam sie zur Innung, ist dort für die Verwaltung und die Schiedsstelle zuständig; zudem vertritt sie 254 Mitgliedsbetriebe in erster Instanz vor Gericht.

Nur in komplizierten Fällen Rücksprache mit Kfz-Meistern

Dass sie eine Frau ist, hat niemanden je gestört. „Wohl eher, dass ich Juristin bin“, meint die 44-Jährige. Technische Vorgänge einem vermeintlichen Paragraphenreiter zu erklären und ihm auch noch Entscheidungen zu überlassen, legte manchem Meister anfangs die Stirn in Falten. „Die Kollegen können es aber so erklären, dass sogar ein Jurist es versteht“, sagt die leidenschaftliche Cabrio-Fahrerin. In den vergangenen anderthalb Jahren im Amt ist sie zur Auto-Expertin geworden, wirbelt mit Fachausdrücken um sich und hält nur in komplizierten Fällen Rücksprache mit den Kfz-Meistern.

"So 'ne doofe Frau"

Auf der Feministinnen-Welle reitet sie seit der Schulzeit nicht mehr, stört sich in der Satzung nicht an männlichen Anreden, wohl aber an Formulierungen in Einladungen: „Ich werde häufig gebeten, im dunklen Anzug zu erscheinen. Das mache ich auch.“ Tanzeglock nimmt es mit Humor. Wie einmal, als ein Kunde wutschnaubend ihre Mitarbeiterin drängte, endlich mit dem Chef reden zu können. „Der war wohl unzufrieden, dass er wieder das Gleiche in grün fand: so ‘ne doofe Frau.“ Dabei ist sicher: Die Wurst lässt sich die Gelsenkirchenerin nicht vom Brot nehmen.

Eine Eigenschaft, die sie mit ihrer ehrenamtlich arbeitenden Kollegin Dietlinde Stüben-Endres teilt. Nach dem Wirtschaftsstudium machte die Obermeisterin Ende der 70er Jahre als eine der ersten Frauen ihre Erfahrungen in der Männerwelt. Als Marketingspezialistin fing sie beim Stahlproduzenten Hoesch an. „Bei den Besprechungen wurden um 9 Uhr Kaffee und Cognac gereicht. Den hab’ ich runtergekippt, ab da war ich akzeptiert.“ Auf Stahl folgten Bagger. Bei Orenstein & Coppel war sie beschäftigt. „Doch ich wollte das, was ich erarbeite und entscheide, selbst umsetzen“, erinnert sie sich.

"Mit Benzin getauft"

Der Vater war Autohändler, folglich war Dietlinde Stüben-Enders „mit Benzin getauft“. 1984 eröffnete sie ihr erstes Autohaus. „Ich war gewohnt, durch Leistung zu überzeugen und mich durchzusetzen. Die Menschen erfassen schnell, ob sie unsicher werden oder nicht das Fachwissen haben.“ Das Geschlecht spielt keine Rolle. Ihr Erfolg unterstreicht ihre These, heute führt sie drei Autohäuser. Und noch eines haben die Damen gemeinsam, sie wurden 2009 von den Betrieben trotz männlicher Mitbewerber auserwählt.