Gelsenkirchen. Ab dem 1. Mai werden die Grenzen geöffnet, Menschen aus mehreren osteuropäischen EU-Ländern können ohne Beschränkung hier arbeiten. Gewerkschaften fürchten Lohndumping und fordern Fairness, gute Arbeit und soziale Sicherheit - das sei das Mindeste.
Der 1. Mai ist der Tag der Arbeit, der Tag der großen Kundgebungen. In diesem Jahr aber ist er auch der Tag, an dem die Dienstleistungsrichtlinie in Kraft treten wird, die besagt, dass die europäische Einigung in einem erweiterten Umfang vollzogen wird. Und das geht einher mit Inhalten, die den Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB) mit Blick auf Arbeit und Bezahlung nichts Gutes ahnen lassen.
Arbeitsmarkt wird für osteuropäische EU-Mitglieder geöffnet
Dr. Josef Hülsdünker, DGB-Vorsitzender der Emscher-Lippe-Region, erklärt: „Ab dem 1. Mai wird unsere Grenze geöffnet. Dann können Menschen aus mehreren osteuropäischen EU-Ländern kommen und sich hier niederlassen. Ohne Beschränkung, ohne Anmeldung. Es geht um Arbeitnehmer aus acht Ländern wie Polen, Tschechien, Ungarn oder der Slowakei, die dann hier ihre Arbeitskraft anbieten können.“
Das schaffe Probleme, werfe viele Fragen auf und verschärfe den Druck auf den Arbeitsmarkt, so Hülsdünker. Um 0,4 Prozent könne die Arbeitslosenquote bundesweit ansteigen, lauten Schätzungen. „Und das trifft vor allem die Menschen, die ohnehin im unteren Lohnbereich unterwegs sind“, sagt der Gewerkschaftsfunktionär.
Leiharbeit zu polnischen Bedingungen
Der DGB-Regionalchef nennt ein Beispiel. Es gebe etwa durch das Entsendegesetz, das heimische Standards u.a. in Sachen Lohn festschreibt, geschützte Branchen wie die Bau- oder die Gesundheitswirtschaft. Aber die Leiharbeitsbranche gehöre bisher nicht dazu. In diesem Zusammenhang gehe es um eine Vielzahl neuer Firmen, die unmittelbar hinter der polnischen Grenze sitzen würden und mit dem 1. Mai auf den deutschen Arbeitsmarkt drängen werden. Und zwar nicht zu den hier gültigen Bedingungen.
Was heißt: Gemessen an deutschen Arbeitskosten machen die polnischen nur 22,3 Prozent aus. Bekommt ein deutscher Arbeiter 30,90 Euro pro Stunde, beträgt der Stundenlohn in Polen nur 6,90 Euro.
Gewerkschaften fordern Mindestlohn für Leiharbeiter
Nicht von ungefähr fordern die Gewerkschaften zum 1. Mai: „Das ist das Mindeste. Faire Löhne, Gute Arbeit. Soziale Sicherheit“. Dahinter verbirgt sich ein Grundprinzip, das gelte müsse: gleicher Lohn für gleiche Arbeit am gleichen Ort. Eine Festschreibung des Mindestlohns für Leiharbeiter gehöre dazu. Hülsdünker: „Dem Europa der Konzerne müssen wir ein Europa der Sozialstaatlichkeit entgegensetzen.“
Sind das zentrale DGB-Forderungen zum 1. Mai, legt IG BCE-Bezirksleiter Peter Obramski den Fokus auf die Energiefrage nach dem Atomausstieg. „Wir benötigen gerade in der Emscher-Lippe-Region viel Energie etwa für die Produktion von Gütern.“ Also müsse man sich die Frage stellen, wie man das bis zum Jahr 2050 mache. „Brückentechnologien sind Stein- und Braunkohle und damit auch die Kraftwerksbranche.“
Gleicher Lohn für gleiche Arbeit
Für Wolfgang Gottschalk, (Verdi), für Yasemin Rosenau, (IG Metall) und für Lothar Jacksteit (GEW) geht es primär um Lohn-Fairness. Beispielsweise um Wettbewerberbsverzerrungen in Pflegeberufen keine Chance zu geben. Oder um das Prinzip gleicher Lohn für gleiche Arbeit in allen Bereichen durchzusetzen.
Los geht’s am 1. Mai um 9.45 Uhr auf dem MiR-Vorplatz mit einem ökumenischen Gottesdienst. Ab 10 Uhr folgt ein Platzkonzert, ab 10.30 Uhr die Demo, ehe sich um 11.15 Uhr die Kundgebung auf dem Neumarkt anschließt mit Hülsdünker, OB Baranowski und dem Hauptredner Detlef Wetzel, 2. Vorsitzender der IG Metall.