Gelsenkirchen. . Die Umweltorganisation Naturfreunde wurde 1895 in Wien gegründet. Eine Ortsgruppe gibt es seit 1920 auch in Gelsenkirchen. Die demografische Entwicklung macht den Naturfreunden zu schaffen: Sie verlieren in Deutschland pro Jahr etwa 5000 Mitglieder.
„Die Natur braucht uns nicht, aber wir brauchen die Natur.“ Lange bevor die ARD in ihrem 80er-Jahre-Werbespot mit dem sonor gebrummten Slogan einen sensiblen Umgang mit dem Planeten forderte, gründeten grün denkende Seelen die Umweltorganisation Naturfreunde. Das war 1895 in Wien. Heute zählt der Verband allein in Deutschland 75.000 Mitglieder.
„Wir waren mal 120.000“, sagt Reinhard Esch (67, Schalke), Schriftführer und Hausreferent der Ortsgruppe Gelsenkirchen, die 1920 ins Leben gerufen worden war. „Wir verlieren jedes Jahr 5000 Mitglieder“ , verrät der ehemalige Vorsitzende, der sein Amt jüngst an seine Tochter Ute Ligmann (38, Schalke) abgegeben hat. Die demografische Entwicklung macht auch den Naturfreunden zu schaffen.
Der Natur auf der Spur
Die Gelsenkirchener Umweltliebhaber hätten ihren „Bioladen“ dicht machen können, wäre da nicht die Kindergruppe, die seit sechs Jahren aktiv ist. Jeden Montag treffen sich im Naturfreundehaus Kinder zwischen null und neun Jahren und sind der Natur auf der Spur. Ute Ligmann leitet die Gruppe: „Etwas zu finden, dass für alle interessant ist, ist fast unmöglich.“ Deshalb werden die kleinen Naturfreunde in zwei Gruppen aufgeteilt.
Montags werden aus ihnen dann etwa Umweltdetektive, sie gehen barfuß über eine Wiese, betasten mit verbundenen Augen unterschiedliche Bäume, sie pflanzen, backen, machen Ausflüge, Radtouren und machen selber Knete. „Bei uns geht es darum, bewusst mit der Natur umzugehen, es überhaupt erst mal zu lernen“, sagt Esch. Nachhaltigkeit ist eine wichtige Vokabel bei den Naturfreunden.
Mehr als 400 Naturfreundehäuser
Der 1952er-Bau an der Holbeinstraße in der Feldmark - am Rande des Stadtgartens und seiner Verbindung zum Revierpark Nienhausen gelegen - ist der Dreh- und Angelpunkt des Verbandes. Von 1980 bis 1992 hat Reinhard Esch das Fritz-Bohne-Haus - so der offizielle Name - sogar selbst mit seiner Familie bewohnt. „Wir waren zwölf Jahre lang die Heimeltern, aber ich fühle mich noch fürs Haus verantwortlich.“ In Deutschland gibt es insgesamt mehr als 400 Naturfreundehäuser, in denen auch Nicht-Mitglieder für einen schmalen Euro übernachten können.
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„Die Naturfreunde sind ein Kind der Arbeiterbewegung, vergleichbar mit Awo oder ASB“, erzählt Esch über die Ursprünge im früheren „Proletariat“, das damals etwas eigenes habe gründen wollen. Heute sei man breiter aufgestellt, mache neben Natur auch Angebote in den Bereichen Familie und Sport.
Umwelt-Engagement steckt an
Vor anderthalb Jahren standen die Naturfreunde Gelsenkirchen vor dem Aus. Die Ortsgruppe bestand nur noch noch aus sechs betagten Aktiven, die Gruppe dann mangels Perspektiven auflösten. Die Kindergruppe erhielt den Verband quasi am Leben. „Bei uns ist es nicht wie in einer klassischen Kindergruppe. Bei uns bleiben die Eltern hier“, sagt Rasch. Die Gruppe besteht aus zehn Familien mit 20 Erwachsenen und 18 Kindern. Pro Familie werden pro Jahr 91,50 Euro fällig. Umwelt-Engagement steckt an: Auch die Putzkraft des Hauses ist ein Naturfreund geworden.