Gelsenkrichen. . Eine neue Untersuchung des Instituts für Stadtgeschichte Gelsenkirchen beleuchtet die Rolle des Halfmannshofs in der NS-Zeit. Dr. Holger Germann stellte dazu sein Buch “Geht Kunst nach Brot?“ in der NS-Dokumentationsstätte vor.
„So wird dieses Dokument dem Führer künden, dass Gelsenkirchen als Stadt der Arbeit auch die Pflege der deutschen Kunst nicht vergisst, die unserem Führer so am Herzen liegt“, schrieb die Nationalzeitung am 14. April 1934.
Gemeint war ein ungewöhnlicher Ehrenbürgerbrief, den eine Gelsenkirchener Delegation dem Führer zu dessen 45. Geburtstag am 20.4.1934 in Berlin persönlich überreichte und von dem Hitler überaus angetan war: Der „Brief“ war ein 70 Kilogramm schweres, als Triptychon gestaltetes Objekt aus Kohle und Stahl. Die von fossilierten Pflanzen rahmte Mitteltafel, ein aus Kohle gemeißeltes Relief, zeigt im Schulterschluss einen Bergmann und einen Metallarbeiter. Die Widmung auf der linken Flügeltafel verkündet die Verleihung des Ehrenbürgerrechts an A.H. schon im Jahr 1933; der rechte Flügel zeigt Gelsenkirchens Symbole: Förderturm, Stadtwappen, Förderturm, Hans-Sachs-Haus. Werden die beiden Flügel umgelegt, dient ein Messing-Hakenkreuz als Schließe.
„Geht Kunst nach Brot?“
Mitglied der Ehrenbrief-Delegation: der Schöpfer des monströsen Kunstwerkes, Bildhauer Hubert Nietsch – Gründungsmitglied der Künstlersiedlung Halfmannshof.
Dr. Holger Germann vom Institut für Stadtgeschichte Gelsenkirchen, der in der NS-Dokumentationsstätte an der Cranger Straße sein Buch „Geht Kunst nach Brot?“ über das Wirken des Halfmannshofs in der NS-Zeit vorstellte, konzentrierte sich in seinem Kurzvortrag auf Nietsch und dessen Grafiker-Kollegen Josef Arens. Der hatte mit einer Lithographie-Serie über die „Produkt-Palette“ von Krupp der Flagwaffe ein Denkmal gesetzt mit der Folge zum Beispiel, dass die Künstler des Hofes „Mit dem Zeichenstift ins Manöver“ ziehen durften. Germann kommt in seiner rein politisch-historischen, Untersuchung zu dem Ergebnis, dass materielle Gründe nicht entscheidend waren, dass nicht nur bei Nietsch und Arens die Nähe zum System schon 1933 oder früher gegeben war. Der Halbmannshof, auf dessen Anregung die Studie zustandekam, plant für den Sommer eine Ausstellung zum Thema.
Holger Germann: Geht Kunst nach Brot? Klartext-Verlag Essen, 216 Seiten; 19,95 Euro