Ernst Käsemann war im 2. Weltkrieg Pfarrer in Rotthausen. Er wandte sich von den regimetreuen "Deutschen Christen" ab und trat der "Bekennenden Kirche" bei.

Bewährung und Widerspruch”, das kennzeichnet Ernst Käsemann, von 1933 bis 1946 Pfarrer in der Evangelischen Kirchengemeinde Rotthausen und war auch Titel des Vortrags von Klaus Hoffmann in der Dokumentationsstätte „Gelsenkirchen im Nationalsozialismus”. Etwa ein Jahr lang schwamm der Geistliche mit dem Nazi-Strom, bevor er den Wahnsinn erkannte und sich der gemäßigten „Bekennenden Kirche” anschloss. Für verfolgte Juden setzte er sich allerdings nicht ein. Dieses Versäumnis erkannte er erst später.

Von den Deutschen Christen zur Bekennenden Kirche

„Käsemann hat konkret und streitbar in seine Zeit gesprochen, was man von unseren aktuellen Kirchenoberhäuptern nicht unbedingt behaupten kann”, bewertete Referent Hoffmann späte Äußerungen des Pfarrers, der 1906 in Bochum-Dahlhausen zur Welt kam und 1998 in Tübingen starb.  „Kirchlich wie gesellschaftlich war das eine hochexplosive Zeit, als er 1933 den Dienst in Rotthausen antritt”, sagte Hoffmann. Die evangelische Kirche habe in dieser Periode die Abschaffung der „verhassten” Weimarer Republik mit „unverhohlener Symphathie” begleitet. „Christus ist zu uns gekommen durch Adolf Hitler” – solche und ähnliche Zitate sind auch hohen evangelischen Geistlichen in der NS-Zeit nicht fremd. Käsemann schließt sich zunächst den „Deutschen Christen” an, deren Motto „Ein Volk, ein Reich, eine Kirche” war. Später erkannte der Pfarrer in ihnen eine „getarnte Organisation”, totalitär und mit Terror-Mitteln arbeitend. Die Abschaffung des Alten Testaments und der jüdischen Bezüge im Neuen Testament waren für Käsemann die entscheidenden Gründe, sich von den Deutschen Christen ab- und der Bekennenden Kirche zuzuwenden.

600 Menschen kommen zur Bibelstunde

Immer mehr Menschen kamen zu Käsemanns Bibelstunden – anfangs 200, später 600. Die Zahl der Deutschen Christen in Rotthausen geht zurück, die Bekennende Kirche gewinnt Mitglieder. Und auch wenn Käsemann in seinen Predigten Politik mit Christentum konfrontierte: für verfolgte Juden setzen er und seine Kirche sich nicht ein. „Offensichtlich war unser Widerstand während des Nationalsozialismus nicht groß genug”, erkannte der Pfarrer, durch seine Einberufung zur Wehrmacht dem Arbeits- oder Konzentrationslager entgangen, erst später.





Nach dem Krieg arbeitete Käsemann als akademischer und theologischer Lehrer. Tochter Elisabeth, nach der die Familienbildungsstätte des Evangelischen Kirchenkreises in Erle benannt ist, wurde als Entwicklungshelferin in Argentinien 1977 von der Militärjunta entführt, gefoltert und ermordet