Bis zum Freitag finden im Consol Theater die 11. Schultheatertage Gelsenkirchen statt. Die Theater-AG des Ricarda-Huch-Gymnasiums stellt das Stück „Korczak - Mensch“ vor. Dem Ensemble gilt Respekt für eine konzentrierte und überzeugende Umsetzung.

Fünf junge Männer mit schweren Stiefeln betreten im Gleichschritt die Bühne. Sie tragen eine Hakenkreuzbinde, ihre Uniformen sind braun. Nacheinander gehen Kinder an Ihnen vorbei. Ein Mädchen wird von dem Offizier ergriffen. Es weint, ist verzweifelt, gebrochen. Dabei wollte es doch eigentlich einen Zirkus eröffnen.

Schon die zweite Szene des Stückes „Korczak – Mensch“, das das Ricarda-Huch-Gymnasium am Montag (4. April) zum Auftakt der 11. Schultheatertage im Consol Theater in Bismarck aufführte, ließ den Atem der Zuschauer stocken. Die Szene schockierte und konnte erst später eingeordnet werden, da das Stück aus Rückblenden bestand.

Nein, es war keine leichte Kost. Die Geschichte des Waisenhausdirektors Doktor Korczak, der im Warschauer Ghetto unermüdlich versucht „seinen“ Kindern ein selbstbestimmtes Leben zu ermöglichen und ihnen die Grundzüge einer intakten Gesellschaft nahe zu bringen, während sich die Kralle des Nationalsozialismus immer fester um sie herum schließt, rührte die Zuschauer – einige sogar zu Tränen.

Extreme Gefühle

Diese Ergriffenheit gelang danke der feinfühligen Inszenierung und schauspielerischen Ernsthaftigkeit der Darsteller zwischen 12 und 19 Jahren. Extreme Gefühle setzten sie mimisch wie gestisch stark um. Sei es die Verzweiflung des Waisenkindes, der Stolz des Arztes oder der fanatische Hass der „Stiefel“ (SS-Offiziere) – Emotionen wurden mit beängstigender Präzision transportiert.

Präzise waren auch die Ausstattung und das Bühnenbild. Musik und Lichteffekte vermittelten eine Stimmung, die zwischen kindlicher Leichtigkeit und erschütternder Grausamkeit schwankte. Mit einem minimalistischen Bühnenbild und authentischen Kostümen gab es wenig Möglichkeit für die Schauspieler sich hinter Schein zu verstecken – und das mussten sie auch nicht.

Dem RHG-Ensemble gilt Respekt für die konzentrierte und überzeugende Umsetzung dieses Stückes. Egal ob Sechstklässler oder Oberstufenschüler – die Dynamik der Gruppe fesselte. „Man muss erwähnen, dass einige nur 45 Minuten pro Woche oder sogar nur alle zwei Wochen proben konnten“, sagte AG-Leiterin Sabine Paul. Doch genau das macht die Theatertage aus: Hier zeigt sich, mit welchem Engagement Jugendliche neben der Schulzeit auf der Bühne stehen.

Der Schrecken der Zeit

Möchte man Einzelleistungen hervorheben, so könnte man Behlül Taskingül, Martin Berghane, Yannik Birnbaum, Julian Twiehoff und Simon Jeromin nennen, die als „Stiefel“ durch erschütternde Darstellung ohne karikaturistische Übertreibung überzeugten.

Doch auch die sanften Szenen beeindruckten: Leyla Ayas verlieh ihrer Rolle als Waisenmädchen beispielsweise durch besonders starken Ausdruck Charakter. Sie spielte das Mädchen, das am Ende zerbricht, obwohl es zuvor durch hoffnungsvolle Leichtigkeit auffiel. Fast poetisch wird hier der Schrecken der Zeit deutlich, da selbst der fröhlichste Charakter am Ende zerbricht.

Ein Stück, das zu Recht auf ein Happy End verzichtet und dessen Inszenierung vom Publikum durch viel Applaus geehrt wurde.